Haushalt der verpassten Chancen
Mit dem neuen Haushaltsentwurf drohen gigantische Schulden – ohne echte Zukunftsinvestitionen. Schon ab 2028 fließen mehr Bundesmittel in Zinsen als in Investitionen. Dürr warnt: „Das ist die Kehrseite von Verschuldung. Die Lasten tragen andere.“

Der Haushaltsentwurf der Bundesregierung bestätigt die schlimmsten Befürchtungen der Freien Demokraten: Rekordschulden statt echter Zukunftsinvestitionen. „So viele Schulden in so kurzer Zeit gab es noch nie“, warnt FDP-Chef Christian Dürr.
Was die Koalition am Dienstag verabschiedet hat, ist ein Kreditpaket historischen Ausmaßes. Ganze 847 Milliarden Euro neue Schulden will die Regierung bis 2029 aufnehmen – Dürr rechnet vor: „Für jeden Arbeitnehmer heißt das: rund 20.000 Euro mehr Staatsschulden – in nur vier Jahren.“
Ein Rekord, der nicht folgenlos bleibt. Schon 2028 wird der Bund mehr Geld für Zinsen ausgeben als für Investitionen. Bis 2029 werden sich die Zinskosten sogar verdoppeln. Dürr macht klar, dass vor allem die jüngere Generation diese finanzielle Bürde wird schultern müssen.
Es klafft eine Lücke von 150 Milliarden
Besonders alarmierend: Trotz der geplanten Neuverschuldung in dreistelliger Milliardenhöhe klafft im Finanzplan immer noch eine Lücke von 150 Milliarden Euro. Das ist kein kleiner Betrag, der sich durch einfache Anpassungen schließen ließe – hier wäre ein grundlegendes Umsteuern erforderlich. Einsparungen in anderen Bereichen? Fehlanzeige.
Die Sozialausgaben sollen schneller steigen als alle anderen Etatposten – in nur fünf Jahren um rund 43 Milliarden Euro. Dabei hatten Politiker wie Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) und Finanzminister Lars Klingbeil (SPD) angekündigt, etwa beim Bürgergeld sparen zu wollen – nun kalkuliert der Entwurf mit 52 Milliarden Euro, fünf Milliarden mehr als bisher. Das Bürgergeld macht damit über zehn Prozent des Gesamthaushalts aus.
Ein weiterer Mammutposten: der Zuschuss zur gesetzlichen Rente. 134 Milliarden Euro sollen allein 2025 fließen – das entspricht 26,7 Prozent des Bundeshaushalts, wie FDP-Finanzpolitiker Otto Fricke vorrechnet. Tragfähige Lösungen für eine zukunftssichere Rentenpolitik sind weiterhin nicht in Sicht. Konzepte wie die Aktienrente, wie sie die Freien Demokraten vorgeschlagen haben, bleiben außen vor.
Es fehlen tiefgreifende Reformen an der Wurzel
Genau davor hatten die Freien Demokraten gewarnt: Dass das Aufweichen der Schuldenbremse nicht für echte Zukunftsinvestitionen genutzt wird – von denen die junge Generation einmal profitieren würde, sondern um laufende Ausgaben wie etwa Sozialleistungen zu finanzieren. Dabei sollten genau diese Ausgaben eigentlich aus regulären Steuereinnahmen gedeckt werden.
Susanne Seehofer aus dem FDP-Führungsteam kritisiert den Haushaltsentwurf deutlich: Er sei nichts weiter als eine „Symptombekämpfung per ordre de Klingbeil“. Was fehle, seien tiefgreifende Strukturreformen an der Wurzel. Denn klar sei: Schuldenberge allein machten keinen Staat zukunftsfähig. Statt den Staat zu modernisieren, Strukturen zu verschlanken und Bürger sowie Unternehmen gezielt zu entlasten, werden Milliarden in veraltete, teure Systeme gepumpt und der Reformstau damit weiter vergrößert.
„Dieser Haushalt ist kein Aufbruch"
FDP-Präsidiumsmitglied Florian Toncar rechnet damit, dass bis Weihnachten einige zentrale Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag gestrichen werden, weil das Geld schlicht nicht ausreicht. Die angekündigte Senkung der Stromsteuer wurde bereits heute einkassiert.
Dürrs Fazit lautet: „Dieser Haushalt ist kein Aufbruch, sondern der Versuch, sich die eigene Politik von anderen bezahlen zu lassen.“
Noch handelt es sich um einen Entwurf, das letzte Wort hat das Parlament. Und wenn es nach der FDP geht, sollte dort noch einmal grundlegend über diesen Schuldenkurs diskutiert werden.