Pflichtdienst-Debatte war noch nie so fehl am Platz wie jetzt

Die Debatte um einen möglichen Pflichtdienst in Deutschland kommt nicht zur Ruhe. Die Freien Demokraten bleiben dabei: Ein allgemeiner Pflichtdienst wäre ein schwerer Freiheitseingriff in das Leben junger Menschen.

Bettina Stark-Watzinger und Franziska Brandmann
Junge Menschen haben während der Corona-Pandemie sehr viele Opfer gebracht. Die Debatte über einen allgemeinen Pflichtdienst war daher noch nie so fehl am Platz wie jetzt, sind Bettina Stark-Watzinger und Franziska Brandmann überzeugt.

Der Vorstoß von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, einen sozialen Pflichtdienst für junge Menschen einzuführen, sorgt weiterhin für Diskussionen. Auch CDU-Chef Friedrich Merz hatte sich kürzlich offen dafür gezeigt. Die Freien Demokraten lehnen diesen Vorstoß weiterhin energisch ab.

Bildungsministerin und FDP-Präsidiumsmitglied Bettina Stark-Watzinger und die Vorsitzende der Jungen Liberalen, Franziska Brandmann, schreiben in einem „Spiegel“-Gastbeitrag: „Die Pflichtdienst-Debatte war noch nie so fehl am Platz wie jetzt.“ Denn aufgrund der Corona-Pandemie hätten gerade junge Menschen vieles, was sonst die Jugend ausmacht, nicht erleben können. Für die FDP-Politikerinnen ist daher klar: „Wer diesen jungen Menschen ausgerechnet jetzt einen Pflichtdienst vorschreiben will, sollte sich selbst in der Empathie üben, die hier anderen Leuten anerzogen werden soll.“

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Fairness gegenüber der jungen Generation

Auch FDP-Chef Christian Lindner lehnt einen sozialen Pflichtdienst ab. Für ihn sprechen drei Gründe dagegen: „Erstens ein Grundrechtseingriff – ein Jahr des Lebens in einer staatlichen Organisation – muss verhältnismäßig sein.“ Zweitens stehe auch die Frage im Raum, ob ein soziales Pflichtjahr ökonomisch sinnvoll wäre, da junge Menschen ein Jahr von einer Ausbildung am qualifizierten Beruf abgehalten werden, „damit sie als angelernte Hilfskräfte tätig sind.“ Und drittens gehe es auch um Fairness gegenüber der jungen Generation, die sich bereits über das Freiwillige Soziale oder Ökologische Jahr engagiere.

Hinzu komme auch, dass junge Menschen durch die Pandemie für ihre Ausbildung und für ihre private Persönlichkeitsentwicklung bereits Zeit verloren haben. Deshalb sei es nicht fair, „jetzt ein weiteres Jahr von jungen Menschen zu verlangen“, so Lindner.

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Initiative für Mental Health statt Pflichtdienst

Ähnlich argumentieren Stark-Watzinger und Brandmann in ihrem Gastbeitrag. „Unterricht fiel aus, Treffen mit Gleichaltrigen waren zeitweilig verboten, Abschlussfeiern wurden gestrichen.“ Wer dies als „Luxusproblem“ kleinreden möchte, sollte sich an die eigene Jugend erinnern, so die Liberalen.

Zudem belegen Studien, dass die Corona-Pandemie und die Einschränkungen, die mit ihr einhergingen, zu einem starken Anstieg psychischer Probleme bei Jugendlichen geführt haben. Wenn die erste Maßnahme, die CDU-Chef Merz „für die junge Generation einfällt, keine Initiative für mentale Gesundheit, sondern ein Pflichtdienst ist, dann spricht das Bände“, so die klaren Worte der FDP-Politikerinnen.

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Sozialer Pflichtdienst würde Fachkräftemangel nur oberflächlich bekämpfen

Des Weiteren begründen Stark-Watzinger und Brandmann ihre Ablehnung eines verpflichtenden Einsatzes junger Menschen in sozialen Diensten mit der teilweise prekären Lage, der sich viele — vorwiegend soziale Berufe - ausgesetzt sehen. Dies ließe sich durch einen Pflichtdienst „wenn überhaupt, nur oberflächlich bekämpfen“. In dem Berufsfeld würden dringend Fachkräfte gesucht, die nicht durch „ungelernte, zwangsverpflichtete Jugendliche“ ersetzt werden könnten. „Anderes zu suggerieren, ist ein Schlag ins Gesicht ausgebildeter Fachkräfte“, so die beiden Liberalen.

Statt einem Pflichtdienst müsse man Dienste wie das Freiwillige Soziale Jahr attraktiver gestalten, etwa durch eine angemessene Bezahlung. „Und falls es den Vertretern eines Pflichtdiensts darum gehen sollte, Begegnungsräume zu schaffen, wollen wir festhalten: Freiwillig begegnet es sich schöner.“

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