Wir brauchen einen Runden Tisch zur Versorgungssicherheit

Im aktuellen Interview mit „Spiegel Online“ äußerte sich Bijan Djir-Sarai zur Diskussion der Energie-Versorgungssicherheit, zur Inflationsbekämpfung und den Corona-Vorbereitungen für den Herbst.

Entschlossener Djir-Sarai vor Haus
FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai würde einen Runden Tisch zur Energie-Versorgungssicherheit begrüßen. © Laurence Chaperon

Angesichts eines möglichen Engpasses bei den russischen Gaslieferungen wird in Deutschland stark über das Thema Versorgungssicherheit debattiert. Die deutsche Energiewende sei bereits vor dem Krieg in der Ukraine eine enorme Herausforderung gewesen, im Juli müsse nun mit einem Gas-Engpass gerechnet werden. Daher sollten wir „über alternative Möglichkeiten nachdenken. Dazu gehört insbesondere der schnelle Ausbau erneuerbarer Energien, aber eben auch die Verlängerung der Laufzeiten für die drei Kernkraftwerke und die Frage, ob der Kohleausstieg tatsächlich 2030 stattfinden kann“, erklärte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai im aktuellen Interview mit „Spiegel Online“.

Maßnahmenmix, um Energieengpass zu vermeiden

Ohne einen Maßnahmenmix könne Deutschland nicht vor einem Energieengpass bewahrt werden, ist Djir-Sarai überzeugt. „Deshalb würde ich es begrüßen, wenn der Wirtschaftsminister einen Runden Tisch zur Versorgungssicherheit mit allen relevanten Akteuren ins Leben ruft“, forderte der Generalsekretär.

Der Liberale meint, dass die aktuelle Diskussion darüber, wie oft und wie lang Menschen noch duschen dürfen, in die falsche Richtung laufe, „weil schon über Folgen gesprochen wird und nicht über die Ursachen.“ Er betonte: „Noch haben wir es selbst in der Hand, tiefgreifende Einschnitte für Bürger und Unternehmen abzuwenden, indem wir etwa ideologiefrei auch die Laufzeitverlängerung von Kernkraftwerken ins Auge nehmen.“

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Ideologische Debatten helfen uns nicht weiter

Angesichts der unsicheren Versorgungslage mit russischem Erdgas in Deutschland hält es auch der FDP-Fraktionschef Christian Dürr für notwendig, Alternativen bei der Energieversorgung zu schaffen: „Wir wollen nicht den Teufel an die Wand malen. Aber wir müssen uns auf ein Szenario einstellen, das weitreichende Konsequenzen für private Haushalte und die deutsche Industrie haben könnte. Kein Kubikmeter Gas sollte mehr verstromt werden müssen. Deswegen wäre es jetzt richtig, die Laufzeiten der Kernkraftwerke über den Winter hinaus zu verlängern.“

Jetzt Gas noch zu verstromen, wäre angesichts der drohenden Gas-Knappheit falsch, ist Dürr überzeugt. Außerdem dürften wir „uns nicht zum politischen Spielball machen lassen“. Es gehe nicht darum, die alte Atomkraftdebatte wieder aufzumachen, aber in dieser besonderen Situation dürfe die Nutzung von Kernkraft kein Tabu sein. Dürr warnte vor ideologischen Debatten: Diese „helfen uns im Winter kein bisschen, wenn Versorgungsengpässe drohen“. Zudem sollten wir laut dem Fraktionschef auch über die Förderung von Gas in der Nordsee sprechen. Oberstes Ziel der Bundesregierung müsse eine sichere Energieversorgung sein. 

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Schuldenbremse soll 2023 wieder eingehalten werden

Bei einer drohenden Explosion der Energiepreise bestehe die Gefahr einer Rezession. Um so wichtiger sei, dass im nächsten Jahr die Schuldenbremse wieder eingehalten werde. „Die Schulden von heute sind die Steuern von morgen, daher ist die Rückkehr zur Schuldenbremse eine aktive politische Maßnahme zur Inflationsbekämpfung“, so Djir-Sarai. Angesichts der staatlichen Zinskosten, die weiter steigen, wenn wir nicht zur Schuldenbremse zurückkehren, sei solides Haushalten enorm wichtig. „Höhere Zinsen wären eine enorme Belastung für unseren Haushalt, zudem würde die Bonitätsbewertung Deutschlands auf den Kapitalmärkten sinken. Am Ende hätte das auch Auswirkungen auf Investitionen und Arbeitsplätze hierzulande“, verdeutlichte der Generalsekretär. 

Die Freien Demokraten wollen den Menschen nicht das Geld wegnehmen und es danach verteilen, „sondern wir wollen, dass sie von vornherein mehr zur Verfügung haben. Wir wollen entlasten, etwa durch die Abschaffung der kalten Progression. Es darf nicht sein, dass eine Lohnerhöhung komplett durch die Inflation aufgefressen wird“, findet der FDP-Generalsekretär deutliche Worte.

Zudem wurden bereits zwei milliardenschwere Entlastungspakete geschnürt, deren entlastende Maßnahmen erst einmal vollumfänglich greifen müssten. „Klar ist: Der Staat kann nicht jede Kostenerhöhung in der Krise ausgleichen. Wir müssen mithilfe solider Finanzpolitik wieder auf den aufsteigenden Ast kommen“, erklärte Djir-Sarai. 

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Pauschale Schulschließungen und flächendeckende Lockdowns wird es mit uns nicht geben

Im Zusammenhang mit den Corona-Vorbereitungen für den Herbst betonte Djir-Sarai, dass bereits an Schutzmaßnahmen und einem neuen Infektionsschutzgesetz gearbeitet werde. „Die Regierung plant, noch im Laufe des Monats ein Konzept vorzulegen.“ Im September soll dann im Bundestag ein neues Infektionsschutzgesetz verabschiedet werden. Zunächst sei allerdings wichtig gewesen, die bisherigen Maßnahmen zu evaluieren. „Denn ohne zu wissen, welche Maßnahmen wirkungsvoll sind und welche nicht, kann es keine vernünftige Pandemiebekämpfung geben“, so der FDP-Generalsekretär.

Er versicherte: „Uns wird nicht das passieren, was der Vorgängerregierung unterlaufen ist – Deutschland wird nicht unvorbereitet in eine neue Welle kommen.“ Pauschale Schulschließungen und flächendeckende Lockdowns werde es mit den Freien Demokraten nicht geben. Denn die Evaluation der Experten habe bestätigt, dass diese Maßnahmen unverhältnismäßig seien und mehr schaden als nutzen.

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