Wir brauchen mehr Freude am Erfinden als am Verbieten

Aktuelle Umfragen zeigen: Bei der Koalitionsbildung nach der Bundestagswahl könnte die FDP ein entscheidendes Wort mitreden. Im Interview betont FDP-Chef Christian Lindner, auf welche Inhalte es den Freien Demokraten ankommt.

Christian Lindner
FDP-Chef Christian Lindner hat im BILD-Interview erklärt, dass es mit Steuererhöhungen und dem Aufweichen der Schuldenbremse keinen Regierungseintritt der FDP geben werde.

Nach der Bundestagswahl in fünf Wochen könnten die Freien Demokraten aktuellen Umfragen zufolge eine entscheidende Rolle bei der Koalitionsbildung spielen. In einem Interview mit der „BILD am Sonntag“ erläutert FDP-Chef Christian Lindner, welche zwei Bedingungen für einen Regierungseintritt der FDP gegeben sein müssen: Es dürfe keine Steuererhöhungen geben und keine Aufweichung der Schuldenbremse. Denn: „Aufschwung erreicht man weder mit dem Rotstift noch mit Steuererhöhungen“, betont Lindner. Deutschland müsse stattdessen wieder auf Angriff setzen: „Wir brauchen mehr Freude am Erfinden als am Verbieten.“

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Fünf Wochen vor der Bundestagswahl geht FDP-Chef Christian Lindner weiterhin davon aus, dass die „CDU/CSU die stärkste Kraft werden und den Regierungsauftrag erhalten“ werde. Der Union riet Lindner dennoch, die Attacken auf die Liberalen einzustellen. Es sei ratsam, dass sie sich „weniger mit ihrem verlässlichen Koalitionspartner in Nordrhein-Westfalen beschäftigen würde, sondern mehr mit den Grünen“.

Angesichts der vergangenen Wochen gebe es Zweifel, dass Armin Laschet die Führungskraft habe, die Anliegen der Grünen nach „Umverteilung, Bevormundung und Subventionierung“ zurückzuweisen. Deshalb sei es wichtig, „dass nicht die Grünen mit Herrn Habeck den nächsten Finanzminister stellen, sondern die FDP.“

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Auf die Frage nach Steuererhöhungen haben die Freien Demokraten eine klare Antwort: „Nach einer Wirtschaftskrise darf es keine höhere Steuerlast für die Menschen und die Betriebe geben“, erklärt Lindner. Ausnahmen könne es nur bei Konzernen wie Google geben. Deutschland brauche jetzt Entlastungen, „damit das Handwerk investieren kann, sich die Überstunde lohnt und mehr Menschen sich den Traum von der eigenen Wohnung erfüllen können.“

Die Freien Demokraten setzen sich daher für gezielte steuerliche Entlastungen ein, damit in saubere Technologie und neue Jobs investiert werden könne. „Ich möchte Gründergeist entfesseln. Dann wächst unsere Gesellschaft aus ihren Defiziten und aus ihrer schlechten Laune heraus“, prognostiziert der FDP-Chef. „Da die CDU inhaltlich nichts bietet, stehen wir allein für wirtschaftliche Vernunft.“

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Die Schuldenbremse des Grundgesetzes dürfe zudem nicht aufgeweicht werden. „Wir haben enorme Schulden. Wir haben bereits Inflationsrisiken. Wir haben künstlich niedrige Zinsen“, fasst Lindner zusammen. Deutschland müsse zurück zu soliden Finanzen kommen. „Investitionen in digitale Infrastruktur und Bildung können wir verstärken, wenn wir Prioritäten setzen und beim Bürokratismus sparen“, erklärt der FDP-Chef.

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Auch in Bezug auf die Klimapolitik hat Lindner eine klare Meinung: „Die Grünen wollen mit unzähligen Eingriffen, Verboten und Subventionen aus unserer Industrienation ein Bullerbü machen.“ Die FDP mache dagegen Vorschläge, wie man zum Beispiel mit synthetischem Kraftstoff den Verbrennungsmotor klimafreundlich macht. „Wir müssen den Klimaschutz von linken Ideen lösen und zu einer Technologie- und Wachstumsagenda machen“, fordert der FDP-Chef.

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Mit Blick auf mögliche Regierungskoalition verdeutlicht der FDP-Chef, dass es den Freien Demokraten auf Inhalte ankomme. „Die Partei von Willy Brandt hat immer unseren Respekt, aber CDU/CSU stehen uns trotz allem inhaltlich am nächsten. Mir fehlt die Vorstellungskraft, welches Angebot Herr Scholz oder Frau Baerbock der FDP machen können.“ Eine weitere Linksverschiebung in der deutschen Politik werde es mit der FDP nicht geben. „Darauf können die Menschen sich auch 2021 verlassen. Es zählen Überzeugungen, nicht Karrieren“, betont Lindner.

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Afghanistan: Wir brauchen einen Untersuchungsausschuss

Angesichts des Debakels rund um die Evakuierung von Ortskräften und Deutschen aus Afghanistan fordern die Freien Demokraten einen Untersuchungsausschuss. Dort müsse in der nächsten Legislaturperiode alles auf den Tisch kommen, „was nicht funktioniert hat“ und „welche systematischen Schwächen wir bei diesen Einsätzen haben“, erklärt Lindner. Auch die „Fehleinschätzung“ des Bundesnachrichtendienstes (BND) zur Lage in Afghanistan müsse Konsequenzen haben. „Er muss gegebenenfalls neu aufgestellt werden.“

Zur Verantwortung von Außenminister Heiko Maas (SPD) und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) meint Lindner: „Die Vorgänge dokumentierten eine erschreckende Hilflosigkeit. Die Bundestagswahl ist deshalb auch eine Abstimmung darüber, ob Herr Maas und Frau Kramp-Karrenbauer ihre Arbeit fortsetzen sollten.“ Als Konsequenz aus dem Scheitern in Afghanistan verlangt der FDP-Vorsitzende eine Überprüfung aller deutschen Militäreinsätze im Ausland: „Sind unsere Ziele realistisch? Gibt es eine Abzugsperspektive? Generell bin ich der Meinung, dass der Aufbau eines Staates durch Militärintervention von außen nicht realistisch ist, wenn es von innen nicht eine breite Unterstützung dafür gibt.“