Trump provoziert einen Verfassungskonflikt

Noch sind nicht alle Stimmen ausgezählt, da ruft sich Amtsinhaber Trump zum Sieger der Präsidentenwahl aus. Unabhängig davon, wer am Ende im Weißen Haus Politik machen wird: Es ist Zeit für eine Neuausrichtung unserer USA-Politik.

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Unabhängig davon, wer am Ende im Weißen Haus Politik machen wird: Es ist Zeit für eine Neuausrichtung unserer USA-Politik
US-Präsident Donald Trump reklamiert noch vor Auszählung aller Stimmen den Wahlsieg für sich — in Deutschland ruft dieses Verhalten scharfe Kritik und große Sorge aus. Dass Trump noch vor Auszählung aller Stimmen den Sieg bei der Präsidentschaftswahl für sich beansprucht, führe zu einer „kritischen, einer bestürzenden Situation“, sagt FDP-Chef Christian Lindner. „Damit bahnt sich eine dramatische Konfliktsituation in der amerikanischen Demokratie an mit unabsehbaren Folgen nicht nur für das amerikanische Volk, sondern darüber hinaus — auch für die Welt und mithin auch für uns in Europa“, warnt Lindner. FDP-Außenpolitiker Alexander Graf Lambsdorff konstatiert: „Das knappe Wahlergebnis zeigt, dass Präsident Trump nach wie vor Rückhalt in der amerikanischen Gesellschaft hat.“ Um so wichtiger sei nun, dass Europa global selbstbewusster mit einer Stimme spricht und auftritt.

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Lindner ist fassungslos ob der Entwicklungen in den Vereinigten Staaten. „Das Wahlrecht und die Wahlverfahren müssen von allen Demokraten geachtet werden. Gegen diesen Grundkonsens verstößt der amerikanische Präsident jetzt und das ist für uns bestürzend“, kommentierte er Trumps Verhalten. In dessen Äußerungen liege die Gefahr einer sich weiter vertiefenden Spaltung der amerikanischen Gesellschaft. „Donald Trump provoziert einen Rechts- und Verfassungskonflikt, der sehr nachhaltig die Stabilität der USA, aber auch die Stabilität der Welt insgesamt gefährden kann“, befürchte der FDP-Chef. Er appelliert nicht nur an die beiden Kandidaten in den USA und insbesondere Trump, sondern auch an die sie tragenden Parteien, insbesondere die Republikanische Partei, die Integrität des Wahlvorgangs nicht infrage zu stellen. „Wer gewinnt oder wer verliert in der Demokratie, das entscheidet das Volk, und das entscheiden Bewerber nicht selbst.“

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Trumps Verhalten breche mit „Tradition und Regeln“, kritisierte Lindner. Was Trump nun mache, „übersteigt doch das, was man vor wenigen Monaten für möglich gehalten hätte“. Es entstehe eine Situation, „in der gegebenenfalls die Vereinigten Staaten auf der internationalen Ebene überhaupt nicht handlungsfähig sind. Die beschäftigen sich dann nur mit sich selbst.“ Der FDP-Vorsitzende verlangt nun eine „Neuausrichtung“ der deutschen Politik gegenüber der USA — unabhängig vom Wahlausgang. „Wir brauchen mehr Dialog mit den Vereinigte Staaten auch über die Ebene der Regierung, der Administration hinaus.“

Zudem müssten die Europäer erkennen, „dass wir auf der Weltbühne selbst unseren Platz reklamieren müssen“, sagte Lindner in Berlin. „Egal, wer im Weißen Haus Politik macht, an grundlegenden Interessenunterschieden wird sich nichts ändern. Von einem Machtwechsel in den USA können wir höchstens einen anderen Stil erwarten, aber etwa die Frage der Lastenverteilung in unserem westlichen Verteidigungsbündnis, der NATO, das wird eine Konfliktfrage bleiben.“

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FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff bekräftigte: „Präsident Trump hat erklärt, er wolle die Integrität des Wahlvorgangs schützen. Integrität heißt Vollständigkeit und Korrektheit. Vollständig und korrekt ist diese Wahl erst, wenn alle gültigen Stimmen ausgezählt worden sind. Und wir dürfen nicht vergessen: In manchen Bundesstaaten der Vereinigten Staaten sind die Briefwahlstimmen mehr als die Hälfte der abgegebenen Stimmen.“ Abgesehen davon, wer diese Wahl am Ende gewinnen wird, fordert Lambsdorff: „Europa muss global selbstbewusster mit einer Stimme sprechen und auftreten. Und dazu ist es absolut nötig, dass von dieser Stadt, von Berlin aus, endlich darauf eingegangen wird, was Emmanuel Macron an Vorschlägen zur Entwicklung der Europäischen Union, zur Stärkung Europas gemacht hat. Das dröhnende Schweigen aus der Bundesregierung in Sachen Weiterentwicklung der Europäischen Union muss ein Ende haben.“

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Auch die FDP-Europaabgeordnete Nicola Beer hat das Verhalten von Präsident Donald Trump vor Abschluss der US-Wahlen heftig kritisiert. „Donald Trump tritt das demokratische Wahlrecht wissentlich mit Füßen und steuert die USA sehenden Auges in eine selbst gemachte Verfassungskrise“, erklärte die Vizepräsidentin des Europaparlaments.  Beer betonte, Trumps Modell „spalten statt einen“ dürfe jetzt nicht Europa erfassen. Sie kritisierte zudem vorzeitige Glückwünsche für Trump aus dem EU-Staat Slowenien. Auch in Europa sei „autoritäres Machtgehabe“ kein Tabu mehr. Unabhängig vom Ausgang der US-Wahl müsse Europa seine eigene Rolle in der Welt stärken und selbstbewusst auftreten, meinte die FDP-Politikerin.

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