Verbotsforderung für TikTok ist noch zu früh

Donald Trump will die chinesische Videoplattform TikTok in Amerika verbieten. Der Umgang mit TikTok steht aber auch in Europa aus Gründen des Datenschutzes auf dem Prüfstand.

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Der Umgang mit TikTok steht in Europa aus Gründen des Datenschutzes auf dem Prüfstand.
Ein Verbot der chinesischen Video-App Tiktok, wie es von Donald Trump geplant wird, stößt in Deutschland auf Ablehnung. Aber auch Politiker und Behörden in Deutschland überdenken zunehmend die Nutzung des Dienstes, der vor allem von jungen Zielgruppen genutzt wird. „Wir nehmen mögliche Gefahren durch TikTok sehr ernst und haben bereits eine Untersuchung des europäischen Datenschutzbeauftragten gegen TikTok angeregt“, sagt FDP-Präsidiumsmitglied Michael Theurer. Neben politischer Zensur „nach den Wünschen der Kommunistischen Partei“ in China bereite seiner Partei der Datenschutz bei TikTok die größten Bauchschmerzen.

Es sei absehbar, dass die App deutlich nachgebessert werden müsse. „Für eine Verbotsforderung ist es jedoch zu früh.“ Moritz Körner, EU-Abgeordneter der FDP, hält TikTok für ein Problem: „TikTok zensiert Beiträge zu LGBTI und fettleibigen oder behinderten Menschen“, erläutert er, warum seine Partei TikTok als gefährlich einstuft. Auch „Protestvideos, die zum Beispiel die Verfolgung der Uiguren durch den chinesischen Staat anprangern“, seien plötzlich von der Plattform verschwunden. Das „chinesische Unternehmen Bytedance, dem TikTok gehört, erstellt präzise Daten-Fingerabdrücke jedes einzelnen Nutzers“. Damit könne jederzeit ohne Anlass und Vorwarnung auf die Daten der einzelnen Nutzer zugegriffen werden.

Körner weiter: „Es ist eine absurde Situation: Wir haben mit der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) die schärfsten Datenschutzregeln, und trotzdem werden die Daten von Jugendlichen um die halbe Welt geschickt.“ Dies sei bedauerlich, weil der EU mit der DSGVO eigentlich eine bemerkenswerte regulatorische Leistung gelungen sei: „Mit der DSGVO haben wir einen globalen Maßstab gesetzt.“ Doch „helfen die besten Regeln nichts, wenn wir nicht auch für eine adäquate Umsetzung sorgen“. Die EU müsse sich nun im Streit zwischen China und den USA positionieren, denn die „neue Geostrategie ist digital“. Körner: „Wir brauchen Geschlossenheit in der EU, um im digitalen Sektor nicht zwischen China und den USA zerrieben zu werden. Alle EU-Staaten sollten das Arbeitsprogramm der Kommission unterstützen. Es geht um die digitale Souveränität Europas.“

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Europa braucht digitale Souveränität

Körner hatte im Dezember von der EU eine Überprüfung gefordert, ob die speziell bei Jugendlichen beliebte chinesische App Tiktok in Europa rechtskonform agiert. Die Europäische Datenschutzbehörde hat nun reagiert und eine Task-Force eingerichtet, die überprüfen soll, ob das Angebot europäischen Datenschutzstandards genügt.

Körner sagt zugleich: „Verbote sind sinnvoll, wenn feststeht, dass Grundrechte nicht respektiert werden.“ Verbote seien aber falsch, wenn damit lediglich die Marktmacht neuer Anbieter eingeschränkt werden soll. Entscheidend sei jetzt, ob TikTok bei der Prüfung des ESDA die europäischen Standards erfülle. Abhängig von diesem Ergebnis würden dann einheitliche Schritte gesetzt werden.

Der FDP-Politiker sieht ein grundlegendes Problem für die europäische Digitalwirtschaft: „Was die Amerikaner den Chinesen vorwerfen, ist, dass die Behörden unbegrenzten Zugriff auf die Plattformen haben.“ Derselbe Hinweis kommt auch von TikTok: Das Unternehmen verweist darauf, dass alle digitalen Plattformen mit der US-Regierung zusammenarbeiten müssten. Auch Körner sieht die Bereitschaft, auf Daten zuzugreifen, als ein globales Problem: „Wir lügen uns in die Tasche, wenn wir glauben, dass nur die Chinesen Daten sammeln.“ TikTok sei „nur der Kristallisationspunkt für eine Debatte, die wir viel breiter führen müssen“.

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Der FDP-Digitalpolitiker Manuel Höferlin weist daraufhin, dass die jüngste EuGH-Entscheidung zum EU-US-Datenabkommen „Privacy Shield“ deutlich gemacht hat, dass die Datenübermittlung auf ausländische Server dem europäischen Datenschutzniveau entsprechen müsse und zwar ganz gleich, um welches Land es sich handele. „Daran werden sich alle Unternehmen halten müssen, die in Europa Geschäfte machen wollen“, sagte der Vorsitzende des Bundestags-Digitalausschusses dem „Handelsblatt“.

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