BFA Klima und Energie
Fernwärme im marktwirtschaftlichen Wettbewerb gestalten!
Fernwärme im marktwirtschaftlichen Wettbewerb gestalten!
Durch die neu eingeführten gesetzlichen Regelungen im Wärmebereich (u.a. GEG-Novelle „Heizungsgesetz“, Wärmeplanungsgesetz) wird die Verbreitung von Wärmenetzen beschleunigt und deren Position im Wärmemarkt gestärkt. Gleichzeitig haben Kartellverfahren bestätigt, dass einzelne Fernwärmeanbieter ihre Position als natürliches Monopol ausnutzen, um überhöhte Preise festzulegen. Auch die oft engen Verbindungen zwischen Kommunen als Instanzen zur Festlegung der Wärmeplanung und kommunalen, den Kommunen Gewinne zuliefernden Stadtwerken, sind ein Interessenkonflikt, der den zukünftigen Wettbewerb im Wärmebereich massiv gefährdet.
Angesichts der zunehmenden Bedeutung der Fernwärme bedarf es einer zusätzlichen Rahmensetzung, die Verbraucher besser schützt und mehr marktwirtschaftlichen Wettbewerb ermöglicht. Diese sollte sich im Prinzip an den Grundsätzen der Regulierung der Versorgung mit Strom und Gas orientieren.
Umsetzung der Vorschläge der Monopolkommission auf Bundesebene
Die FDP fordert die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag auf, die drei Kernforderungen der Monopolkommission, die diese in ihrem Hauptgutachten „Wettbewerb 2024“ festgelegt hat, in eine entsprechende Gesetzgebung umzusetzen:
- Transparenz: Schaffung einer Vergleichsplattform
Es soll zeitnah die Markttransparenz erhöht werden, um etwaiges missbräuchliches Verhalten der Fernwärmeanbieter überhaupt erst erkennen zu können. Dazu soll auf einer bundesweiten öffentlichen Plattform ein Vergleich der durchschnittlichen Erlöse der verschiedenen Fernwärmeanbieter pro kWh einsehbar sein. Auch die CO2-Emissionen pro kWh sollen vergleichend dargestellt werden, um Verbrauchern eine wichtige Orientierung zu geben.
- Weiterentwicklung der Preisgleitklauseln: Stärkere Betonung des Marktelements
Preisgleitklauseln für Fernwärme setzen sich aus einem marktorientierten und einem kostenorientierten Element zusammen. Als Ansatz für niedrigere Fernwärmepreise soll das Marktelement mit deutlich mehr als 50 Prozent in den Preisgleitklauseln gewichtet werden und somit deutlich stärker an den Opportunitätskosten für Verbraucher ausgerichtet sein. Dazu sollte die Entwicklung der Arbeitspreise zu 100 Prozent von der Preisentwicklung alternativer Wärmeerzeugung (z. B. der Kostenentwicklung der Wärmeversorgung mit Wärmepumpen, z. B. Strompreis) abhängig gemacht werden. Die Fortschreibung des Grundpreises dagegen sollte weiterhin vollständig kostenbasiert erfolgen.
- Einführung einer einfachen Price-Cap-Regulierung
Analog dem niederländischen Modell soll eine Preisbegrenzung für den Arbeitspreis der Fernwärme eingeführt werden, die sich an den Marktpreisen für alternative Wärmerzeugung (z. B. Kosten der Wärmeerzeugung von Wärmepumpen, z. B. Strompreis) orientiert. Dies setzt Anreize für den Fernwärmeerzeuger, bei der Erzeugung kostengünstigere Wärmequellen zu nutzen. Der Grundpreis der Fernwärme sollte sich dagegen an den Kosten der Netze (Investitionen und Betrieb) orientieren. Dadurch wird eine Refinanzierung der Fernwärme-Infrastruktur weiterhin zuverlässig gewährleistet.
Weitere wettbewerbsstärkende Ansätze in der Fernwärme
Zur wettbewerblichen Öffnung der Fernwärmenetze soll eine Regulierungsbehörde (die Bundesnetzagentur), analog der Regulierungsbehörde für Gas und Strom auch für die Fernwärme eingerichtet werden. Diese soll die Preisbildung in der Fernwärme beobachten und regulieren. Des weiteren soll sie einen Rahmen für die notwendigen technischen Voraussetzungen zur Einspeisung der Wärmeerzeugung Dritter in die Fernwärmenetze transparent festlegen.
Als erster Schritt soll der Zugang Dritter zu den Fernwärmenetzen für die Einspeisung von Wärme erleichtert werden. Die Betreiber der Fernwärmenetze sollen verpflichtet werden, die Einspeisung der Wärmeerzeugung Dritter zuzulassen, sofern diese die notwendigen technischen Bedingungen erfüllen und für die eingespeiste Wärme eine angemessene Vergütung zahlen. Das Berliner Klimaschutz- und Energiewendegesetz (EWG Bln) kann dabei als mögliche Orientierung für eine bundesweite Regelung dienen.
Langfristig soll durch die Regulierungsbehörde perspektivisch geprüft werden, ob für einen verbesserten Wettbewerb in großen Fernwärmenetzen natürliches Netzmonopol, Wärmeproduktion und Wärmevertrieb analog dem Unbundling bei Gas und Strom entflochten werden können und sollen.
Ersatzloser Entfall der Wärmelieferverordnung und § 556c BGB
Die bestehende WärmeLV und der ihr zugrundeliegende § 556c BGB bremsen den Ausbau der Wärmenetze aus und konterkarieren so die angestrebte Defossilisierung der Wärmeversorgung. In vermieteten Gebäuden wird eine Umstellung auf Fernwärme, Nahwärme oder Contracting praktisch unmöglich gemacht. Zukunftsweisende Quartierslösungen werden verhindert und gewerbliche Anbieter von Wärme in unfairer Weise diskriminiert.
Die FDP fordert deshalb die ersatzlose Abschaffung von Wärmelieferverordnung und § 556c BGB als einen wichtigen Beitrag zum Bürokratieabbau und zur Defossilisierung der Wärmeversorgung. Mögliche Kostenrisiken für Mieter sollen in Zukunft durch mehr Wettbewerb bei der Fernwärme und kluge Regulierung der Fernwärmepreise begrenzt werden.
Begründung:
Die Bedeutung der Fernwärme hat sich durch die Klimapolitik der Bundesregierung und die daraus resultierende Energiepolitik im Wärmesektor deutlich erhöht.
Anders als Gas und Strom ist Fernwärme relativ gering reguliert, auch fehlt im Fernwärmebereich eine effektive Kartellaufsicht. Da der Netzbetrieb der Fernwärme aber ein natürliches Monopol ist, kommt es deshalb in manchen Gebieten zu übermäßigen Belastungen der Konsumenten. Auch nutzen einzelne Fernwärmebetreiber ihre Monopolstellung aus, was schon in mehreren Fällen ein Eingreifen des Bundeskartellamtes erforderte. Dieses kann heute aber im Falle der Fernwärme nur bei eklatanten Verstößen handeln. Bei Gas und Strom wird dagegen eine Rahmensetzung durch eine Regulierungsbehörde, die Netzagentur vorgenommen, wodurch ein Missbrauch der Monopolstellung der Anbieter von Anfang an verhindert werden kann. Eine analoge Rahmensetzung und Regulierungsstruktur sollte deshalb auch für die Fernwärme eingeführt werden.
Die Monopolkommission hat sich in ihrem Hautgutachten vom Juli 2024 intensiv mit der Situation am Fernwärmemarkt und den Auswirkungen der aktuellen Gesetzgebung im Wärmebereich beschäftigt. Sie sieht erheblichen und dringenden Handlungsbedarf bei der Fernwärme und hat drei wesentliche Ansätze zur Verbesserung der Wettbewerbssituation vorgeschlagen, die in diesem Antrag aufgenommen werden.
Der Antrag fordert zudem, auch die langfristig von der Monopolkommission aufgezeigte Perspektive zu prüfen. Danach soll ein neuer Markt in der Fernwärme zur Einspeisung diverser Wärmequellen geschaffen werden, um Wettbewerb und technologieoffene Innovationen in der Fernwärmeversorgung zu ermöglichen. Ziel dabei ist eine marktgetriebene und wirtschaftlich effiziente Transformation der Fernwärmeversorgung und die Senkung der damit verbundenen Emissionen.
Das Land Berlin ist bei der Herstellung von mehr Wettbewerb im Fernwärmebereich bereits weiter fortgeschritten als die anderen Bundesländer. Das Berliner Klimaschutz und Energiewendegesetz (EWG Bln) schafft unter bestimmten technischen Voraussetzungen ein Recht zur Einspeisung von Wärme durch Dritte, die angemessen zu vergüten ist. Auch die Monopolkommission fordert, die Stellung unabhängiger Wärmeproduzenten zu stärken und sieht dafür eine realistische Umsetzungsperspektive in großen Fernwärmenetzen. Am bestehenden Berliner Beispiel wird deutlich, dass dies möglich und machbar ist. Es kann deshalb als Vorbild für eine mögliche bundesweite Regulierung der Einspeisung von Wärme durch Dritte in die Wärmenetze dienen.
Auch die Wärmelieferverordnung ist derzeit besonders im Fokus der Politik. Einerseits sollen Wärmenetze durch die neuen Regelungen des GEG ausgebaut werden, andererseits bestimmt die WärmeLV, dass neue externe Wärmelieferungen derzeit für Mieter nicht teurer sein dürfen als die bestehende hausinterne Wärmeversorgung. Dadurch werden unzulässigerweise neue Investitionen mit alten, bereits abgeschriebenen Anlagen verglichen. Die gesetzlich vorgegebene Defossilisierung der Wärmeversorgung wird ebenfalls in keiner Weise berücksichtigt. In der Debatte schlagen einzelne Verbände nun mehrere komplizierte Modelle zur Berechnung der Vergleichbarkeit von externen Wärmelieferungen mit der eigenen Heizungsanlage vor. Es besteht aber kein Anlass, diese Frage noch komplizierter zu gestalten als bisher. Konsequent ist allein ein kompletter Entfall der Regelungen der WärmeLV und von § 56c BGB. Der ursprünglich verfolgte Mieterschutz kann besser durch eine wettbewerbliche Regulierung der Fernwärme erreicht werden, so wie sie dieser Antrag vorschlägt.