Das Grundgesetz wird 75 Jahre alt!

Am 23. Mai 1949 trat das Grundgesetz in Kraft. Justizminister Marco Buschmann lobt das „ursprüngliche Provisorium“. Jetzt gelte es, die Resilienz des Grundgesetzes zu verbessern.

Gegen rechte Hetze: Kopien des Grundgesetzes in Chemnitz. Bild: flickr.com/timlueddemann. CC BY-NC-ND 2.0. creativecommons.org/licenses/by-nc-nd/2.0
Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet - und entfaltet seine Kraft als unsere rechtsstaatliche Verfassung bis heute.

Am 23. Mai vor 75 Jahren wurde in Bonn das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verkündet. Die Verfassung bescherte den Deutschen Frieden, Freiheit, Wohlstand. Es ist Bollwerk gegen Verfassungsfeinde und Menschenrechtsverächter, gegen den Missbrauch staatlicher Macht und gegen den Aufstieg von Autokraten. Es war die Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland – mit dem Grundgesetz als verfassungsrechtlicher Säule, die die individuellen Freiheitsrechte aller Bürger stützt.

„Das ursprüngliche Provisorium begründete den freiheitlichsten, demokratischsten und wohlhabendsten Staat, den es je auf deutschem Boden gab“, schrieb Buschmann in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. „Der Verfassungsstaat der Bundesrepublik Deutschland bildet die vollständige Antithese zum nationalsozialistischen Unrechtsregime: Dem Willkürstaat setzt das Grundgesetz den Rechtsstaat entgegen, dem gleichgeschalteten Zentralstaat den föderalen Bundesstaat, dem Führerstaat das Demokratieprinzip, dem Rassenwahn die Menschenwürde.“ Jenen, die die Demokratie infrage stellen, empfehle er einen Blick in die Welt: „In keinem autoritären Staat würden sie besser leben können. Uns täte ein Schuss mehr Verfassungspatriotismus gut“, ergänzte Buschmann in der der „Rheinischen Post“. Den Deutschen fehle manchmal Gemeinschaftsgefühl. „Wir sollten ein stärkeres, positives Gefühl gegenüber dem demokratischen Staat und seinen Institutionen aufbauen.“

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Grundgesetz ist eine Erfolgsgeschichte

Das Grundgesetz sei eine Erfolgsgeschichte und hat schon zahlreiche Bewährungsproben überstanden, so der Justizminister via Instagram. „Auch heute können wir trotz multipler Herausforderungen mit einer guten Portion Optimismus in die Zukunft blicken.“ Eine der zentralen Stärken des Grundgesetzes sei der umfassende rechtliche Schutz des individuellen Menschen durch die Verfassung selbst. „Bei den Grundrechten des Grundgesetzes handelt es sich ohne jeden Zweifel um subjektive Abwehrrechte der Bürger gegen jedwede Staatsgewalt“, bekräftigt Buschmann. Dieser Schutzmechanismus müsse stets weiter gestärkt werden.

Grundrechte und Bundesverfassungsgericht

Das Zusammenspiel von Grundrechten als subjektive Abwehrrechte gegen den Staat und dem Verfassungsorgan Bundesverfassungsgericht als prozessualer Anlaufpunkt zur Durchsetzung dieser Grundrechte sei ein Erfolgsmodell zur Sicherung einer liberalen Demokratie und offenen Gesellschaft, unterstrich der Justizminister. Es sei ein politischer Abwägungsprozess, aus wissenschaftlichen Beschreibungen des Seins, ein für alle geltendes Sollen abzuleiten. Dabei müssten die Grundrechte des Individuums immer der Maßstab bleiben. 

Er rechnet bis Ende des Jahres mit einer Grundgesetzänderung zum Schutz des Bundesverfassungsgerichts vor Einflussnahme. Buschmann sagte der „Rheinischen Post“, „die Gespräche verlaufen seriös und vertrauensvoll zwischen Koalition und Union“. Seine Hoffnung sei deshalb, bis Sommer eine Liste an Vorschlägen dazu vorzulegen, was konkret zu tun sei. Dann könne in ein reguläres Verfahren zur Änderung des Grundgesetzes eingetreten werden, ergänzte der Minister. „Bis Ende des Jahres wäre dann ein Abschluss möglich.“ Das sei so rechtzeitig, „dass wir noch nicht im Wahlkampftrubel sind“.

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Bundesverfassungsgericht im Grundgesetz verankern

Buschmann betonte: „Ein Turboverfahren zur Änderung der Verfassung wird es nicht geben. Das wäre unangemessen.“ Zum Hintergrund der geplanten Grundgesetzänderung sagte der Bundesjustizminister, dass in vielen Ländern Populisten und Autoritäre gegen die Verfassungsgerichte vorgehen, „wenn sie es können — das haben wir etwa in Polen oder Ungarn gesehen“. Deshalb werde überlegt, welche Regelungen über das Bundesverfassungsgericht nicht wie bislang in einem einfachen Gesetz, sondern in der Verfassung verankert werden sollten. „Dann bräuchte es Zweidrittelmehrheiten, um später an diesen Strukturprinzipien zu rütteln.“

Im ARD-„Morgenmagazin“ ergänzte das FDP-Präsidiumsmitglied, dass es in diesem Punkt also „ganz gut“ aussehe mit dem Plan einer Grundgesetzänderung. In anderen Bereichen erwarte er dagegen keine Änderungen. Die Ampel-Koalition hatte zu Beginn der Legislaturperiode etwa die Aufnahme von Kinderrechten in das Grundgesetz geplant. „Bei den anderen Themen geht es nicht so richtig voran“, sagte Buschmann dazu. Dies sei aber das Wesen der Demokratie — nicht alles finde da die nötige Mehrheit.

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Freie Demokraten bereiteten der Verfassung den Weg

Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verkündet — und entfaltet seine Kraft als unsere rechtsstaatliche Verfassung bis heute. Das Grundgesetz ist ein Vorbild für viele Staaten weltweit und hat in den letzten siebzig Jahren wesentlich dazu beigetragen, dass aus der Bundesrepublik Deutschland eine „geglückte Demokratie“ geworden ist. Die Mütter und Väter des Grundgesetzes waren unglaublich mutig, als sie das Grundgesetz aufgestellt haben: Sie haben ganz ins Zentrum der Verfassung individuelle Grundrechte gestellt und sie haben mit dem Bundesverfassungsgericht eine Institution geschaffen, die allen offensteht.

Das im Parlamentarischen Rat am 8. Mai 1949 beschlossene Grundgesetz trägt erkennbar eine liberale Handschrift. Die Liberalen hatten eine Schlüssel- und Mittlerrolle für den neuen Gesellschaftsvertrag. Insbesondere Theodor Heuss, der später zum ersten Bundespräsidenten gewählt wurde, und Thomas Dehler, später erster Justizminister in der Regierung Adenauer, sorgten dafür, dass im Grundgesetz viele liberale Vorstellungen verankert wurden.

Der liberale baden-württembergische Ministerpräsident Reinhold Maier äußerte die auf deutscher Seite weit verbreitete Befürchtung, dass die Ausarbeitung einer Verfassung zur Verfestigung der deutschen Teilung führen könnte. Daher wurde statt einer Nationalversammlung ein „Parlamentarischer Rat“ einberufen und statt einer Verfassung ein Grundgesetz erarbeitet. Denn nur ein Provisorium sollte es werden – die wirkliche Verfassung sollte die Verfassung des gesamten deutschen Volkes sein.

Als erster Justizminister der jungen Republik sorgte Thomas Dehler für die praktische Ausgestaltung des Grundgesetzes und erfüllte insbesondere die Rolle des Bundesverfassungsgerichts im Zusammenspiel der staatlichen Gewalten mit Leben. Aber auch die Einrichtung anderer Bundesgerichte fiel in seine Amtszeit. Ebenso leitete er eine Vereinheitlichung des Bundesrechts ein und brachte die Strafrechtsreform auf den Weg. Das Grundgesetz hat sich im Laufe der Geschichte der Bundesrepublik und auch bei der Gestaltung der Wiedervereinigung hervorragend bewährt.

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