Diplomatischer Störfall allerersten Grades

Kreml
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Ein mutmaßlicher Auftragsmord wird zur internationalen Staatsaffäre: Im August war ein Georgier in einem Park in Berlin erschossen worden. Wegen des Verdachts, dass staatliche Stellen in Russland oder der Teilrepublik Tschetschenien den Mord in Auftrag gegeben hätten, hat die Bundesanwaltschaft den Fall an sich gezogen. „Der gravierende diplomatische Vorfall darf nicht unaufgeklärt bleiben, daher ist die Ausweisung zweier russischer Diplomaten wohl nur der Anfang“, sagt FDP-Fraktionsvize Stephan Thomae im ZDF-„Morgenmagazin“. Er sehe noch „weitere diplomatische Eskalationsstufen“.

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Dass Russland jede Verwicklung in den Mord an einem Georgier in Berlin von sich weist, hält Thomae für „gespielte Empörung der Russen“. Schon lange deute sehr viel darauf hin, „dass dieser Mord mitten in Berlin, mitten in unserer Hauptstadt, am helllichten Tag, in aller Öffentlichkeit begangen, in Rufweite zum Bundesinnenministerium verübt, von Russland aus gesteuert worden ist“. Das sei ein diplomatischer Störfall allerersten Grades. „Das ist ein gravierender Vorfall, der nicht ungeahndet bleiben kann.“

Jetzt wäre es wichtig, „dass die Regierung schnellstens mit Moskau Kontakt aufnimmt, alle Kanäle bedient, um aufzuklären, was hier geschehen ist, damit diese Krise nicht weiter eskaliert.“ Seiner Ansicht nach ist jedenfalls noch Spiel drin. „Vielleicht ist das nicht das Ende, sondern der Anfang einer weiteren Krise. Der Fall ist wirklich ernst zu nehmen, ist sehr gravierend einzuschätzen“, sagt das Mitglied im Parlamentarischen Kontrollgremium (PKGr). Eben dort wird erwartet, „dass wir hier klare Auskunft erhalten, welche Erkenntnisse vorliegen, welche Gespräche stattfinden zwischen Berlin und Moskau, was weiter geplant ist, was noch passieren kann und was noch droht.“

Es scheine jedenfalls so zu sein, „dass hier bei uns in Deutschland, in Berlin, ausländische Nachrichtendienste hoch aktiv sind.“ Mit Blick auf das Ukraine-Treffen kommende Woche, wo die Kanzlerin unter anderem auch auf den russischen Präsidenten Putin treffen wird, erwartet der Geheimdienstexperte, „dass die Kanzlerin hier auch ein offenes Wort mit dem russischen Präsidenten spricht.“

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Die Bundesregierung müsse sich nun mit der EU abstimmen und Russland ein klares Signal geben, sagt auch der europapolitische Sprecher der FDP, Michael Link. Insbesondere, wenn sich der Verdacht erhärte, dass Russland im Ausland Selbstjustiz betreibe. „Das kann nicht zugelassen werden. Aber derzeit müssen wir Ermittlungen erst mal abwarten.“ Michael Link sieht da aber ein Muster: „Russland testet immer aus, wie weit es im Kampf gegen seine Gegner gehen kann – im Inland durch Einschüchterung von Nichtregierungsorganisationen und Journalisten.“ Erst letzte Woche habe Russland die Gesetzgebung gegen ausländische Journalisten verschärft.

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Im Fall des möglichen Auftragsmords an einem Georgier in Berlin geht die Bundesanwaltschaft davon aus, dass der nach der Tat in der Hauptstadt festgenommene 49-jährige Verdächtige im Auftrag von russischen staatlichen Stellen gehandelt haben könnte. Das Auswärtige Amt hat zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft zu unerwünschten Personen erklärt. Mit diesem Schritt reagiere die Bundesregierung darauf, dass die russischen Behörden „trotz wiederholter hochrangiger und nachdrücklicher Aufforderungen nicht hinreichend bei der Aufklärung des Mordes“ mitgewirkt hätten, erklärte das Ministerium.

Die FDP-Fraktion im Bundestag bezeichnete eine Übernahme der Ermittlungen durch die Bundesanwaltschaft als „überfällig“. Die Behörde müsse nun „gründlich ermitteln, ob der russische Staat einen Mordanschlag in Deutschland beauftragt hat“, erklärte der innenpolitische Sprecher Konstantin Kuhle. Sie solle zudem dem Innenausschuss des Bundestags berichten.