Freiheit ist wunderbar, anstrengend und unbequem

FDP-Chef Christian Lindner bescheinigt sich selbst eine „skeptische Staatsfreundschaft“. Er sieht die Freien Demokraten als die einzige Partei, „die den Wert der Freiheit wichtiger nimmt als den Wert der Gleichheit“.

Christian Lindner
FDP-Chef Christian Lindner sprach mit der "Welt" über den Wert der Freiheit.

In der Ampel-Koalition treffen sehr unterschiedliche politische Grundeinstellungen aufeinander. „Ich schätze den Staat als Regelsetzer und als Aktivposten dort, wo die Kräfte des Individuums oder der Selbstorganisation der Gesellschaft nicht reichen. Aber zugleich habe ich eine Skepsis, dass der Staat alles besser kann und dass er grenzenlos verantwortlich gemacht werden sollte“, erläuterte Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner den Ansatz der Freien Demokraten. „Die FDP ist nicht von Spartenliberalismus, sondern von Liberalität insgesamt geprägt.“ Die Prioritätensetzung der FDP sei in Deutschland kein Mehrheitsprogramm, räumte er im Interview mit der „Welt“ ein. „Umso mehr ist es Grund für Optimismus, dass die Freien Demokraten bei der letzten Bundestagswahl stärkste Kraft bei den Jungen waren.“

Liberale Politik ist nichts für Leute mit schwachen Nerven

Seiner Ansicht nach sei Freiheit „die Voraussetzung für ein Leben in Würde“, erklärte der FDP-Chef. „Freiheit ist der schönste Antrieb dafür, das Beste aus seinen Chancen zu machen.“ Die deutsche Mentalitätsgeschichte sei seiner Ansicht nach „stark mit Denken im Kollektiv und wenig mit Vertrauen auf das Individuum verbunden“. In der öffentlichen Debatte werde Individualität zu Egoismus und Marktvertrauen in soziale Kälte umgedeutet. Sein Fazit: „Liberale Politik ist nichts für Leute mit schwachen Nerven.“

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Liberale Energie wird gebraucht

Der FDP-Chef stellte klar, dass in gesellschaftspolitischen Fragen „alle liberale Energie“ gebraucht werde, um Aufstiegschancen, Leistungsfreude, wirtschaftliche Freiheit, Technologieoffenheit und solide Finanzen zu stärken. Er mahnte: „Auf der anderen Seite gibt es große Auseinandersetzungen um die Schuldenbremse, die fortwährende Bürokratisierung unseres Lebens, jeden Tag eine Forderung nach Steuererhöhungen und Umverteilung, im Zuge der grünen Transformation wollen manche die soziale Marktwirtschaft selbst in eine Zentralverwaltungswirtschaft transformieren.“

Regieren auf der Höhe der Zeit

In der Ampel-Koalition zeigt sich die Handschrift der Freien Demokraten auf vielfältige Art und Weise. In einem ausführlichen Beitrag auf LinkedIn schrieb Lindner über die ersten acht Monate der FDP als Regierungspartei: „Diese Chance werden die Freien Demokraten als Teil dieser Bundesregierung auch in Zukunft nutzen, um unser Land in einer Situation großer Herausforderungen wirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch auf die Höhe der Zeit zu bringen.“ Neben außen- und sicherheitspolitischen Entscheidungen wie dem 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen für die Bundeswehr oder der Lieferung von Waffen an die Ukraine seien auch innen- und gesellschaftspolitische Veränderungen angestoßen worden, führte der FDP-Chef aus.