Merz muss seinen Forderungen Taten folgen lassen

Strack-Zimmermann begrüßt Merz' Kurswechsel in der Ukraine-Politik als einen „Schritt in die richtige Richtung“. Jetzt sei es aber an der Zeit, „dass die Herren Merz und Wadephul ihrer Forderung schnellstmöglich Taten folgen lassen“.

Strack-Zimmermann vor der Bundespressekonferenz
Strack-Zimmermann findet: „Dieser Schritt ist richtig und hätte schon vor drei Jahren kommen müssen.“

Nach den jüngsten, skrupellosen Angriffen Russlands auf die Ukraine hat Bundeskanzler Friedrich Merz ein deutliches Signal gesendet: Künftig soll es keine Reichweitenbeschränkung mehr für Waffen geben, die an die Ukraine geliefert werden. Ein Kurswechsel, den FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann begrüßt: „Dieser Schritt ist richtig und hätte schon vor drei Jahren kommen müssen.“ 

Die Vorsitzende des Europäischen Verteidigungsausschusses fordert seit Langem, dass die Ukraine in die Lage versetzt wird, russische Militäranlagen frühzeitig auszuschalten – jene Stellungen, von denen aus täglich Hunderte Raketen, Marschflugkörper und Drohnen abgefeuert werden. Ziel sei es, rein militärische Einrichtungen unschädlich zu machen, erklärt sie im Gespräch bei WELT. „Russland muss so auf Abstand hinter seine Grenzlinie, tief ins russische Landesinnere gezwungen werden.“ Besonders die Abwehr von Drohnen stelle ein enormes Problem dar. „Weil das eben nicht einzelne Drohnen sind, die man abwehren kann, sondern ganze Drohnenschwärme.“ Deutschland könne nicht länger tatenlos zusehen, „wie die Ukraine langsam aber sicher in Grund und Boden geschossen wird“.

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Weniger reden, mehr liefern

Mit modernen Waffensystemen, sagt Strack-Zimmermann, hätte die Ukraine russische Lieferketten bereits frühzeitig empfindlich stören können. Doch die Gelegenheit sei verpasst worden. „Leider war Bundeskanzler Scholz nie bereit, den Ukrainern diese Fähigkeit zum Schutze ihrer Bevölkerung zur Verfügung zu stellen.“

Die Verteidigungspolitikerin plädiert aber dafür, über konkrete Waffenlieferungen wie etwa den Taurus-Marschflugkörper weniger öffentlich zu diskutieren – um Russland keine taktisch relevanten Informationen zu liefern. „Bisher wurde Russland nämlich bestens darüber informiert, was wir liefern – weil das Wirtschaftsministerium jede Lieferung gewissermaßen an die Litfaßsäule geheftet hat“. Damit müsse Schluss sein. Forderungen nach Taurus-Lieferungen seien von Merz und Außenminister Wadephul in der Vergangenheit aber schon mehrfach „lautstark“ im Bundestag erhoben worden. Daher sei es an der Zeit, „dass die Herren Merz und Wadephul ihrer Forderung schnellstmöglich Taten folgen lassen“.

Die USA und Großbritannien lieferten ohnehin bereits seit Langem Marschflugkörper mit Reichweiten von 250 bis 300 Kilometern. „Insofern ist diese Diskussion ein bisschen seltsam“, findet Strack-Zimmermann. Dass sich Deutschland angesichts der Tragödie in der Ukraine in endlosen Debatten verliere, könne sie nicht nachvollziehen. Ihre Forderung ist eindeutig: „Wir sollten der Ukraine das zukommen lassen, was sie braucht – ohne Wenn und Aber.“

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Merz darf sich nicht von der SPD irritieren lassen

Ganz Europa blicke an diesem Mittwoch nach Deutschland, wo Präsident Selenskyj auf Kanzler Merz trifft. Auch wenn andere Länder bereits Marschflugkörper bereitstellten, hebt Strack-Zimmermann die besondere Bedeutung des Taurus hervor. Dessen Durchschlagskraft mache ihn zu einer entscheidenden militärischen Komponente. Entsprechend hoch seien die Erwartungen an Merz. „Alle sagen: Mensch, ihr habt doch diese fliegende Munition, ihr könnt das doch machen. Nun stellt sie doch endlich der Ukraine zur Verfügung, damit eben diese Angriffe aufhören.“

Sie hoffe, dass Merz jetzt „den Unterschied macht“ – und sich nicht von den „Gesängen aus der Sozialdemokratie“ irritieren lasse. Gemeint ist etwa SPD-Chef und Vize-Kanzler Lars Klingbeil, der den Vorstoß von Merz bereits ins Leere laufen ließ.

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Es braucht ehrliche Worte zur Bedrohungslage

Strack-Zimmermann begrüßt auch Merz’ Ziel, Deutschland zur stärksten konventionellen Armee Europas zu machen, mahnt aber: „Allerdings fehlt mir bei Merz’ Ankündigung der zweite Teil des Satzes.“ Wer eine starke Armee fordere, müsse auch offen aussprechen, was das für Deutschland bedeutet. „So zu tun, als ob das Leben in Deutschland einfach so bleibt, wie es ist, ist verantwortungslos, ja fahrlässig.“

„Wir leben in einer gefährlichen Zeit“, führt Strack-Zimmermann aus. Die Ukraine stehe unter schwerem Beschuss – und mit ihr ganz Europa. Schon jetzt sei Deutschland Ziel von Cyberangriffen und hybrider Kriegsführung. Unterwasser-Infrastruktur würde attackiert. Russland vermine ukrainische Getreidefelder, die Millionen Menschen in Afrika und Asien ernähren – mit dem Ziel, Migration nach Europa auszulösen und die Gesellschaft zu destabilisieren. Deutschland müsse bereit sein zu investieren – in Sicherheit und Schutz der Bevölkerung. Diese Realität gelte es anzuerkennen und offen zu benennen.

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Europa wünscht sich entschlossenes Handeln

Auch die europäischen Partner würden ein sicherheitspolitisch entschlossenes Deutschland begrüßen. Die Europaabgeordnete erinnert: Schon 2011 hätte Polens damaliger Außenminister Radosław Sikorski in seiner Berlin-Rede gesagt: Er fürchte deutsches Nichtstun mehr als deutsches Handeln.

Strack-Zimmermann betont aber auch die Notwendigkeit gemeinsamer europäischer Antworten. Das Ziel einer europäischen Armee bleibe für sie bestehen – auch wenn es herausfordernd sei. Doch schon jetzt wachse ein Netzwerk gemeinsamer Beschaffung und Kooperation, insbesondere bei der Beschaffung von militärischen Systemen. „Aus diesem Netz heraus kann eines Tages eine europäische Armee erwachsen“, ist sich Strack-Zimmermann sicher.