Auszahlung der Corona-Hilfen gerät immer mehr zum Fiasko

Vielen Firmen steht das Wasser in der Krise bis zum Hals. Dass die versprochenen Novemberhilfen im Januar immer noch nicht da sind, sorgt daher für harsche Kritik von den Freien Demokraten.

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Die Coronakrise bedeutet für viele Unternehmen das Aus. Damit es nicht zur Pleitewelle kommt, muss der Verlustrücktrag ausgeweitet werden.
Vielen Firmen steht das Wasser in der Krise bis zum Hals. Die versprochenen Novemberhilfen sind noch immer nicht da, auch die Dezemberhilfe lässt auf sich warten und die Hilfen für Januar können wohl erst im März beantragt werden. Nach Angaben des Bundes hakt es an der technischen Plattform, doch auch die beihilferechtlichen Verhandlungen mit Brüssel liefen wohl nicht so glatt, wie man es sich im Bundesfinanzministerium vorgestellt hatte. Damit gerät die Auszahlung der Corona-Hilfen immer mehr zum Fiasko. FDP-Chef Christian Lindner ist sich sicher: „So folgt bald eine Pleitewelle.“ Er erneuerte den Vorschlag der FDP, „anstelle fälliger Steuervorauszahlungen abzubuchen, sollten die Finanzämter eine negative Einkommensteuer als Liquiditätssoforthilfe auszahlen.“

„Selbst der Bundeswirtschaftsminister ist inzwischen der Meinung, dass die Verluste des vergangenen Jahres gegenüber der Steuerschuld der Jahre 2019, 18, teils sogar 17 angerechnet werden muss. Das wäre eine ganz schnelle, eine unmittelbare Hilfe für den Soloselbstständigen bis zur Industrie, vom Handwerk, den mittelständischen Betrieb. Das ginge mit hohem Tempo, ohne zusätzliche Antragsbürokratie, ohne zusätzliche Bewilligungsbehörden. Wir stehen sonst vor einer dramatischen Pleitewelle, die in ihrer Gefahr der Infektionswelle in nichts nachsteht.“

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Die Stimmung bei vielen Firmen, deren Betrieb wegen des Lockdowns dicht ist, ist denkbar schlecht: In den staatlichen Hilfstöpfen sind zwar Milliardengelder veranschlagt — bei den Betroffenen sei aber bisher nur wenig angekommen, klagen Wirtschaftsvertreter. Bei der Auszahlung der Novemberhilfen kam es zu Verzögerungen, und bei der Überbrückungshilfe II gibt es einen Haken. So wurden Regelungen bei der Überbrückungshilfe II vor dem Hintergrund des EU-Beihilferechts angepasst. Betriebe müssen jetzte neben einem Umsatzeinbruch auch noch einen Reinverlust vorweisen, um finanzielle Hilfen zu erhalten. Für die Freien Demokraten ist nicht hinnehmbar, dass Hilfe zu spät, gar nicht oder in enttäuschender Höhe ankommen. Gleiches gilt für die Kommunikation der Bundesregierung, die fortwährend die Bedingungen für die Corona-Hilfen ändert.

„Dass die Bundesregierung ständig rückwirkend die Regeln ändert, ist eine absolute Frechheit und in einem Rechtsstaat ein bemerkenswerter Vorgang“, sagt FDP-Fraktionsvize Michael Theurer. „Kleine Unternehmen zahlen so in vielen Fällen sogar mehr für den Steuerberater als sie hinterher an Hilfe bekommen“, kritisiert der Wirtschaftspolitiker die verantwortlichen Bundesminister. „Für dieses stümperhafte Vorgehen ist das Duo Infernale Peter Altmaier und Olaf Scholz persönlich verantwortlich“, betonte Theurer. Dabei wäre unbürokratische Hilfe möglich: „Es ist absolut unverständlich, dass die Auszahlung der Hilfen nicht über die Finanzämter und ohnehin vorhandene Daten läuft“. Bei einer Ausgestaltung in Form eines Verlustrücktrags und Auszahlung über das Finanzamt wäre das Verfahren einfacher gewesen. „Es rächt sich, dass die Bundesregierung sich monatelang geweigert hat, sich auf die zweite Welle vorzubereiten. Und das in der größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg.“

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Auch nach Ansicht von Christian Lindner wäre die sogenannte negative Gewinnsteuer viel schneller und unkomplizierter. Denn durch die könnten die Finanzämter schnell und unbürokratisch Hilfen auszahlen. „Ob die Verluste dieses Jahres in der Zukunft genutzt werden oder ob die Verluste dieses Jahres gegen die vergangene Steuerschuld angerechnet wird, das ist für den Staat von seiner Liquidität ein Unterschied, aber nicht vom Steueraufkommen insgesamt. Es gibt nur einen einzigen Unterschied. Zukünftig Steuern zahlen können nur Betriebe, die es dann überhaupt noch gibt“, so Lindner.

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„Um möglichst schnell den Unternehmen Liquidität zur Verfügung zu stellen, brauchen wir eine negative Gewinnsteuer“, mahnt auch FDP-Finanzpolitikerin Bettina Stark-Watzinger. „Damit könnten Unternehmen die Verluste durch Corona mit den Gewinnen der Vorjahre verrechnen. Die Finanzämter würden unmittelbar Liquidität bereitstellen. Wir dürfen jetzt keine Zeit mehr verlieren“, mahnt das Präsidumsmitglied.

„Offenbar fehlt den Verantwortlichen der Bundesregierung jeder Kontakt zur betrieblichen Realität der betroffenen Firmen“, schimpft FDP-Wirtschaftspolitiker Reinhard Houben. „Wir stehen wegen dieser stümperhaften Politik vor einer beispiellosen Insolvenzwelle, vor allem im Einzelhandel. Das Chaos muss jetzt endlich beendet werden. Es wird höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihre Fehler eingesteht und korrigiert.“