Rechtliche Möglichkeiten konsequent nutzen

Justizminister Marco Buschmann will entschiedener gegen Antisemitismus in Deutschland vorgehen. Antisemitismus an sich sei erstmal lediglich eine verwerfliche Geisteshaltung. „Aber diese Geisteshaltung inspiriert strafrechtlich relevantes Verhalten.“

Marco Buschmann
Bundesjustizminister Marco Buschmann bezieht klar Stellung gegen Antisemitismus. © BPA

„Wir alle hatten ja gehofft, dass es einen Lernfortschritt gibt, dass Antisemitismus und eine zivilisierte, tolerante Gesellschaft einfach nicht zusammenpassen“, führte der Justizminister im Interview mit der Wochenzeitschrift „Die Zeit“ aus. „Mittlerweile muss wirklich auch der Dümmste gemerkt haben, dass der Antisemitismus in Deutschland hochaktiv ist – in migrantischen Milieus, in links- und rechtsextremistischen Milieus, aber auch in der Mitte der traditionellen bürgerlichen Gesellschaft.“

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Antisemiten dürfen keine Staatsbürger werden

„Die Hoffnung, dass sich inakzeptable Verhaltensweisen wie der Antisemitismus quasi von selbst abschleifen, wenn alle Menschen nur die Vorteile der offenen und freien Gesellschaft kennenlernen – diese Hoffnung war naiv“, konstatierte Buschmann. Antisemitische Vorurteile würden offenbar erhalten, kultiviert und erneuert. Hier müsse der Staat handeln: „Das tun wir beispielsweise beim Staatsangehörigkeitsrecht.

Die aktuelle Reform verpflichte die Einwanderungsbehörden zukünftig dazu, in Erfahrung zu bringen, ob jemand schon einmal antisemitisch auffällig geworden sei. „Und wenn das der Fall ist, darf er nicht eingebürgert werden. Wir wollen nicht, dass Antisemiten deutsche Staatsbürger werden“, stellte der Justizminister klar.

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Verantwortung aus dem Holocaust stellen

Für Buschmann steht fest: „Es geht darum, uns der Verantwortung für den Holocaust zu stellen, die mit diesem Land verbunden ist und aus der wir lernen müssen.“ Deutschland sei ein historisches Beispiel dafür, dass bestimmte Einstellungen in der staatlich organisierten, systematischen Vernichtung von Menschen im industriellen Maßstab enden könnten. Er mahnte: „Aus dieser Lernerfahrung ergibt sich für die Bundesrepublik eine besondere Verantwortung: dafür zu sorgen, dass so etwas bei uns nie wieder geschehen kann und dass es möglichst nirgendwo wieder geschehen kann.“ Der normative Anspruch sei, dass Deutscher zu sein bedeute, aus der Geschichte gelernt zu haben. „Wer der Meinung ist, dass ihn diese Lernerfahrung nichts angeht, der muss ja auch kein Deutscher werden.“

Konsequentes Vorgehen gegen antisemitische Einstellungen begrenze sich allerdings nicht nur auf Menschen, die Staatsbürger werden wollen, sondern gelte ebenso für deutsche Staatsbürger: „Wenn sich deutsche Staatsbürger antisemitisch verhalten, müssen wir dem konsequent entgegentreten.“ Das Strafrecht halte hierfür Mittel bereit. „Die Staatsangehörigkeit kann unter bestimmten Umständen aberkannt werden. Wenn jemand dadurch staatenlos würde, ist der Spielraum des Grundgesetzes allerdings überaus eng. Aber ich finde, das Phänomen ist so schlimm, dass man die rechtlichen Möglichkeiten konsequent nutzen sollte.“