Wir werden Russland weiter isolieren

Die führenden westlichen Industrienationen (G7) haben bei ihrem Treffen auf dem Petersberg bei Bonn über milliardenschwere Zuschüsse für die Ukraine beraten – und über weitere mögliche Sanktionen gegen Russland.

Familienfoto aufgenommen im Rahmen des Treffens der G7-FinanzministerInnen in Koenigswinter
Christian Lindner will die Finanzstabilität sicherstellen, insbesondere in Zeiten hoher Inflation. © Leon Kuegeler, photothek

Die führenden westlichen Industrienationen (G7) haben bei ihrem Treffen auf dem Petersberg bei Bonn über milliardenschwere Zuschüsse für die Ukraine beraten – und über weitere mögliche Sanktionen gegen Russland. Finanzminister Christian Lindner sagte gegenüber dem Handelsblatt und drei weiteren europäischen Zeitungen: „Ich bin politisch offen für die Idee, Auslandsvermögen der russischen Zentralbank zu beschlagnahmen“. Im Kreis der G7-Nationen und in der Europäischen Union würden entsprechende Vorschläge bereits diskutiert. „Bei Privatvermögen müssen wir sehen, was rechtlich möglich ist“, fügte der Finanzminister aber hinzu. „Wir müssen die Rechtsstaatlichkeit respektieren, auch wenn wir es mit russischen Oligarchen zu tun haben.“

 

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Russland politisch, finanziell und wirtschaftlich isolieren

Mit dem G7-Finanzministertreffen will er die Botschaft an Russland aussenden: „Wir stehen Schulter an Schulter mit der Ukraine und sind bereit, über weitere Sanktionen zu entscheiden. Unsere Absicht ist es, Russland politisch, finanziell und wirtschaftlich zu isolieren.“ Er hat dabei aber auch insbesondere die Länder mit niedrigem Einkommen im Blick, die aufgrund steigender Zinsen und des Anstiegs der Weltmarktpreise für landwirtschaftliche Güter schwerwiegende wirtschaftliche Folgen erleiden: „Wir werden gemeinsam daran arbeiten müssen, wie wir die Weltwirtschaft stabilisieren können“, erläuterte Lindner das Arbeitsprogramm der G7. Er stellte klar: „Russlands Krieg gegen die Ukraine ist für die wirtschaftlichen Folgen verantwortlich, nicht die Sanktionen.“

FDP-Fraktionschef Christian Dürr stellte mit Blick auf die Folgen der russischen Blockade von Getreidelieferungen aus der Ukraine klar: „Der Hunger in der Welt ist eine Waffe Russlands in diesem Krieg.“ Er lobte den Entschluss der EU, aus russischen Rohstoffimporten auszusteigen. “Wir wollen, dass die Ukraine wieder frei ist“, unterstrich Dürr. „Die Menschen in der Ukraine kämpfen für ein Danach in Freiheit und Wohlstand — dabei unterstützen wir sie.“

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Putin muss einen hohen Preis für Aggression gegen Ukraine zahlen

Lindner fasste die bisherigen Maßnahmen zusammen: „Wir haben Russland vom internationalen Finanzsystem abgekoppelt. Russische Vermögenswerte wurden eingefroren. Wir haben in vielen Bereichen das Geschäft mit Russland eingestellt. Dies wird die russische Wirtschaft zunehmend belasten. Wladimir Putin muss einen sehr hohen Preis für die Aggression gegen die Ukraine zahlen.“

Er warnte zugleich: „Wir müssen eine Situation verhindern, in der wir uns selbst mehr Schaden zufügen als Putins Kriegskasse. Die wirtschaftliche Stärke der EU und der Gruppe der liberalen Demokratien in der G7 ist unser Vorteil in diesem Konflikt“. Ein sofortiger Stopp der Gaslieferungen aus Russland hingegen würde der deutschen Wirtschaft schweren Schaden zufügen. Lindner betonte allerdings: „Natürlich gibt es kein Preisschild für die Unterstützung der Ukraine – ein Land, das unsere Werte gegen ein autoritäres Regime verteidigt. Aber ich möchte auch keinen größeren wirtschaftlichen Abschwung riskieren, der unsere Fähigkeit einschränken könnte, wirtschaftlich und militärisch an der Seite der Ukraine zu stehen.“

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Russland-Sanktionen sollen effektiver durch­gesetzt werden

Der Bundestag hat am Donnerstag den von den Koalitionsfraktionen geplanten Maßnahmen zur besseren Durchsetzung von Sanktionen gegen Russland zugestimmt. In dem Gesetz zur effektiveren Durchsetzung von Sanktionen (20/1740) geht es unter anderem um die Möglichkeit zur Vermögensermittlung und eine bessere Zusammenarbeit von Behörden. 

Darin heißt es, um wirkungsstarken operativen Vollzug der Sanktionen zu gewährleisten, sei für die jeweiligen Sanktionsbereiche die Expertise verschiedener Behörden von Bundes- und Länderebene und deren Zusammenarbeit nötig. Dafür sollen jetzt die erforderlichen Datenzugriffs- und Datenaustauschbefugnisse geschaffen werden. Außerdem soll mit dem Gesetzentwurf die Möglichkeit geschaffen werden, Vermögen zu ermitteln und Vermögensgegenstände bis zur Aufklärung der Eigentumsverhältnisse sicherzustellen.

Als eine weitere Maßnahme, Eigentumsverhältnisse aufzuklären, wird eine strafbewehrte Anzeigepflicht über eingefrorene Gelder und andere wirtschaftliche Ressourcen eingeführt. Die sanktionierten Personen werden dazu verpflichtet, ihr Eigentum der Deutschen Bundesbank bzw. dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle unverzüglich anzuzeigen. Die Strafandrohung beträgt bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe oder Geldstrafe.

Die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) soll in Zukunft bei der Vermögensfeststellung mitwirken und weitere Aufgaben bekommen. Außerdem enthält das Gesetz Regelungen, um Konten, Schließfächer und Wertpapierdepots von sanktionierten natürlichen Personen und von Unternehmen in Deutschland ermitteln zu können.

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G7 entschlossen zu Maßnahmen gegen steigende Inflation

Die großen Industriestaaten wollen zudem entschieden gegen die steigende Inflation vorgehen. „Die G7 ist entschlossen, mit konsequenten Maßnahmen die Inflationsentwicklung zu stoppen und das Wachstum zu stärken“, sagte Christian Lindner nach einem Treffen der G7-Finanzminister auf dem Petersberg bei Bonn. Man sei sich einig, dass die Inflation eine enorme Gefahr für die weitere wirtschaftliche Entwicklung darstelle.

Lindner betonte, die Notenbanken seien zum einen sehr unabhängig, hätten derzeit zum anderen aber auch eine große Verantwortung. Bundesbank-Präsident Joachim Nagel forderte ein entschlossenes Handeln der Europäischen Zentralbank (EZB). „Die Zentralbanken müssen dafür sorgen, dass sich der sehr starke Preisauftrieb, den man beobachten kann, dass sich dieser Preisauftrieb nicht verfestigt“, sagte er. Eine erste Zinserhöhung in der Eurozone sehe er womöglich im Juli, wenn die Nettoanleihekäufe abgeschlossen seien. Nach dem Beginn der Zinserhöhungen könnten dann weitere Zinsschritte „zeitnah folgen“.