Mut zum Neuanfang
Die neue Bundesregierung hat reichlich Geld, aber kaum Ideen. Für die Freien Demokraten ist klar: Das Verhältnis zwischen Staat, Bürger und Privatem gehört grundlegend neu geordnet. Die FDP will mit Konzepten für einen Neuanfang den politischen Stillstand überwinden.

Die Freien Demokraten sehen Deutschland vor großen Herausforderungen – und vermissen bei der neuen Bundesregierung den Willen zu echten Reformen. Auf einer Pressekonferenz am Montag spricht FDP-Präsidiumsmitglied Bettina Stark-Watzinger von einer „Koalition der Mutlosigkeit“. Der schwarz-rote Koalitionsvertrag bietet keine überzeugenden Antworten auf zentrale Zukunftsfragen. Statt notwendiger Reformen nehme der Reformstau weiter zu, viele Finanzierungsfragen blieben ungeklärt. „Wir haben diese Regierung nur, weil Sonderschulden gemacht wurden – es ist eine gekaufte Regierung“, so Stark-Watzinger.
Stabilität der Regierung ist fraglich
FDP-Präsidiumsmitglied Christian Dürr teilt diese Einschätzung. Im Gespräch mit n-tv sagt er: „Ich möchte, dass Deutschland eine handlungsfähige Regierung bekommt. Aber ich fürchte, diese Regierung ist nicht stabil.“ Für ihn sei offensichtlich, dass die Koalitionspartner „in Wahrheit nicht wirklich einig“ seien – ein deutliches Warnsignal. Die FDP will diesem Zustand eine klare Alternative entgegensetzen. Es gehe nicht nur um Abgrenzung, betont Dürr, sondern darum, eine eigenständige Agenda zu formulieren. In vielen Politikfeldern bestehe dringender Handlungsbedarf.
Der Koalitionsvertrag atmet Staat vor Privat
Mit dem Leitantrag „Mut zum Neuanfang“, der auf dem bevorstehenden FDP-Parteitag eingebracht werden soll, präsentieren die Freien Demokraten eigene Lösungsvorschläge. Im Mittelpunkt stehe dabei auch eine Neujustierung des Verhältnisses zwischen Staat, Bürger und Privatem. „Dieser Koalitionsvertrag atmet Staat vor Privat“, kritisiert Stark-Watzinger – insbesondere mit Blick auf die überfällige Staatsmodernisierung. Der Staat müsse sich wieder als Dienstleister für die Bürger verstehen. Es reiche nicht aus, bestehende Prozesse lediglich zu digitalisieren – sie müssten grundlegend neu gedacht werden. Ziel sei eine schlanke, effiziente und bürgernahe Verwaltung.
Auch in der Rentenpolitik sieht die FDP Reformbedarf. Die Vorschläge der Bundesregierung seien „wirkungslos“, sagt Stark-Watzinger. Die Freien Demokraten setzen stattdessen auf ein zukunftsfestes Modell: die Aktienrente. In der Wirtschafts- und Energiepolitik fordern die Freien Demokraten einen klaren Bruch mit dem Status quo: weniger Steuern, weniger Bürokratie – und mehr Mut zur Innovation. Technologieoffenheit sei dabei zentral, auch moderne Kernenergie dürfe kein Tabu sein, so Dürr.
Neustart für die FDP
Beim anstehenden Parteitag soll ein klares Signal gesetzt werden: „Mit den Freien Demokraten ist zu rechnen. Wir wollen die modernste Partei Deutschlands werden, organisatorisch und inhaltlich.“ Denn: „Die Menschen haben das Gefühl, es geht abwärts mit Deutschland. Aber unsere Probleme sind hausgemacht.“ Die Antwort darauf sieht Dürr in konsequentem wirtschaftlichem Denken – ohne sich auf alte Parolen zu verlassen. „Wenn wir in der Vergangenheit über Wirtschaft gesprochen haben, hatten zu wenige das Gefühl, dass das etwas mit ihnen zu tun hatte. Das hat es aber. Die Menschen spüren: So kann es nicht weitergehen.“
Dürr macht klar, dass die FDP keine Klientelpartei ist, sondern eine Partei für die arbeitende Mitte: „Wenn ich ein mittleres Einkommen habe, geht die Hälfte meines Geldes an den Staat. Ich bin nicht mehr in der Lage, ein Haus zu bauen oder eine Wohnung zu kaufen. Ich merke, wie mein Wohlstand abnimmt. Genau um diese Menschen geht es uns.“
Freiheit ist dabei das Leitmotiv – modern gedacht: „Die Idee der Freiheit ist es doch, selbst etwas zu erreichen. Wir wollen die Menschen nicht durchs Leben gängeln und begleiten, sondern gute Startbedingungen für alle.“
„Wir wollen eine neue Teamkultur etablieren“
Ein erstes personelles Zeichen für den Aufbruch hat die FDP bereits gesetzt: Mit der Nominierung der KI-Unternehmerin Nicole Büttner als neue Generalsekretärin will die Partei auch personell neue Wege gehen. „Es ist sicher ungewöhnlich, eine erfolgreiche Unternehmerin aus dem KI-Bereich zu nominieren – aber genau das brauchen wir jetzt“, erklärt Dürr. Zudem solle künftig stärker im Team gearbeitet werden: „Wir wollen eine neue Teamkultur etablieren.“
Christian Dürr spricht nicht nur über Zukunft, sondern auch über seine eigenen Anfänge: „Ein Freund sprach mich an und fragte, ob ich mal mit zu den Jungen Liberalen kommen wollte. Im ersten Moment klang das für mich ungefähr so interessant wie Schach-AG. Ich habe bei dem Treffen dann aber meine Begeisterung für Politik, das Ringen um den besten Weg und die Debatte entdeckt.“