Deutschland darf nicht auf Zufall verteidigt werden
Die Koalition blockiert sich gegenseitig bei ihrem absurden Vorschlag zur Wehrdienst-Lotterie. FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann warnt, dass die GroKo damit Europas Sicherheit gefährdet.

Am Donnerstag hatte sich der Bundestag in erster Lesung mit dem Wehrdienst-Gesetz von Verteidigungsminister Boris Pistorius befasst. Am Dienstag war ein in der Koalition unter anderem von den stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Norbert Röttgen (CDU) und Siemtje Möller (SPD) ausgehandelter Kompromissvorschlag zu Änderungen an dem Gesetzentwurf in letzter Minute gestoppt worden. Pistorius hatte in der SPD-Fraktion dazu „erhebliche Bedenken“ geäußert.
„Dass die ohnehin absurde Idee einer Auslosung beim Wehrdienst nun auch noch an der Uneinigkeit der Bundesregierung scheitert, ist sinnbildlich für deren sicherheitspolitisches Chaos“, so Marie-Agnes Strack-Zimmermann, Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Europaparlaments. „Wer sich in derart zentralen Fragen der Wehrfähigkeit gegenseitig blockiert, gefährdet die Glaubwürdigkeit Deutschlands und damit auch Europas Sicherheit“, wirft sie Union und SPD „planlose Zerstrittenheit“ vor. Sie mahnt eine tragfähige Lösung an: „Es ist kaum verwunderlich, dass kein tragfähiger Kompromiss zustande gekommen ist, wenn schon im Vorfeld über ein Losverfahren gestritten wird, statt gemeinsam eine durchdachte Lösung zu entwickeln“, sagte Strack-Zimmermann der „Rheinischen Post“.
Professionalisierung der Truppe statt Wehrdienst-Lotterie
Strack-Zimmermann lehnt ihrerseits das Losverfahren ab. „Wir brauchen kein Glücksspiel, sondern ein klares, faires und verfassungskonformes Konzept“, sagte sie. Statt weiter im Nebel zu tasten, müsse die Koalition jetzt Verantwortung übernehmen. „Deutschland darf nicht auf Zufall verteidigt werden. Wir brauchen ein modernes Kontingentmodell.“
In einem Gastbeitrag für „t-online.de“ legt die Verteidigungsexpertin dar, wie die Bundeswehr nachhaltig gestärkt und zur effektiven Verteidigung befähigt werden kann. Nur die Zahl der Soldatinnen und Soldaten zu erhöhen, ist aus Sicht von Strack-Zimmermann nicht die Lösung: „Eine Armee allerdings, […] die groß sein will und von allem etwas, aber nichts wirklich gut kann, handelt auch den Soldatinnen und Soldaten gegenüber unverantwortlich.“
„Wir brauchen eine radikale Professionalisierung unserer Bundeswehr“, fordert sie. Erforderlich sei ein Kontingent von circa 25.000 Soldaten pro Jahr, um den Aufwuchs der Truppe kontinuierlich zu gewährleisten und entsprechend zu professionalisieren. Darüber hinaus spricht sich Strack-Zimmermann auch dafür aus, Frauen ebenfalls zu mustern.
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