Sicherheitspolitik ist kein Glücksspiel
Vom 1. Januar an soll der neue Wehrdienst kommen. Für junge Männer gilt dann die Pflicht zur Auskunft und Musterung, weiter aber Freiwilligkeit im Dienst. Die Freien Demokraten haben kein Verständnis dafür, dass die Hälfte der Bevölkerung außen vorgelassen wird.
Der Bundestag hat grünes Licht für den neuen Wehrdienst gegeben. Eine Mehrheit der Abgeordneten votierte für einen Gesetzentwurf der Bundesregierung, der eine verpflichtende Musterung junger Männer sowie die Wiedereinführung der Wehrerfassung vorsieht. „Es ist richtig, dass die Pflichtmusterung kommt“, meint die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses des Europäischen Parlaments, Marie-Agnes Strack-Zimmermann. Denn: „Wer die Bundeswehr personell stärken will, braucht endlich eine solide Datengrundlage.“ Sie rügt zugleich: „Dass diese obligatorische Musterung allerdings nur Männer betrifft, ist der heutigen Zeit unangemessen.“
FDP-Chef Christian Dürr sieht das ebenso: „Dass Union und SPD weiterhin die Hälfte der Bevölkerung ausschließen, ist im 21. Jahrhundert völlig aus der Zeit gefallen. Bei der Verteidigung unseres Landes können wir es uns nicht leisten, die Hälfte der Bevölkerung außen vorzulassen.“ Mit Blick auf die Pläne der Regierung, sich die Option einer Wiedereinführung der Dienstpflicht offen zu halten und das Los entscheiden zu lassen, sagt Dürr: „Das gedachte Losverfahren ist der falsche Weg. Wer Deutschland verteidigt, muss das aus Überzeugung tun, nicht, weil ihn das Los getroffen hat.”
Die Tribute von Panem
Bei seinem Statement am Rande der Bundestags-Entscheidungen kritisierte der FDP-Chef: „Die Regierung hat in Wahrheit gar keinen Plan. Im Gegenteil: Sie sagt sogar, dass es in Zukunft ein Losverfahren geben soll – also so etwas wie ‚Die Tribute von Panem‘ direkt gegen die junge Generation.“ Dabei seien auch hier mutige Reformen notwendig. „Wie wäre es denn, gerade beim Thema Musterung, wenn wir uns nicht nur auf die jungen Männer konzentrieren, sondern auch junge Frauen gleichberechtigt berücksichtigen? Auch hier haben wir eine Koalition, die den Status quo mit viel Geld zu verwalten versucht – aber das endet“, so Dürr.
Auch Frauen sollen zur Musterung
Für Marie-Agnes Strack-Zimmermann, FDP-Präsidiumsmitglied und Vorsitzende des Europäischen Verteidigungsausschusses, ist klar: „Wer Deutschland verteidigen soll, muss das aus Überzeugung tun, weniger aus Zwang.“ Der freiwillige Dienst sei deshalb der richtige Schritt. Sie kritisiert, dass die Hälfte der Bevölkerung beim Thema Musterung außen vor bleiben soll. Eine Beteiligung von Frauen würde eine Grundgesetzänderung erfordern, ist nach ihrer Einschätzung aber verfassungsrechtlich möglich. „Gleichheit vor dem Gesetz heißt, bei der Musterung nicht die Hälfte der Gesellschaft auszuklammern. Das passt offensichtlich nicht in die Lebenswirklichkeit der CDU. Daher bemüht sich der Kanzler nicht einmal, eine Mehrheit im Bundestag dafür zu gewinnen“, moniert Strack-Zimmermann.
Als Nächstes plant das Verteidigungsministerium, zunächst einen Fragebogen zu verschicken, bevor die eigentliche Musterung beginnt. Strack-Zimmermann hält dieses Vorgehen für unnötig kompliziert: „Weil er das Verfahren unnötig verlängert. Stattdessen sollte es sofort die Musterung geben an den Schulen, Berufsschulen, Ausbildungsstätten.“ Deutschland müsse schneller werden – und das ohne neue Bürokratie. Attraktivität entstehe nicht durch Formulare, sondern durch konkrete Angebote: Stipendien, Zuschüsse, echte Perspektiven. Vor allem brauche es langfristige Anreize.
Losverfahren ist eine Posse
„Wer die Einsatzfähigkeit der Bundeswehr sichern will, kann nicht darauf bauen, dass junge Menschen sich selbst per Formular ein- oder ausmustern“, zeigt das FDP-Präsidiumsmitglied auf. Und dass am Ende das Los darüber entscheiden soll, wer zur Bundeswehr muss und wer nicht, ist für sie „eine Posse“. Sicherheitspolitik sei kein Glücksspiel. „Es darf nicht über die Zukunft junger Menschen nach dem Zufallsprinzip entschieden werden.“ Sie hoffe sehr, dass Pistorius mit seinem Modell genug Freiwillige gewinnt. „Wenn das nicht gelingen sollte, werden wir in einem Jahr über eine andere Lösung der Rekrutierung reden müssen.“
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