Die Unberechenbarkeit von Trump erfordert mehr europäische Geschlossenheit
US-Präsident Donald Trump hat G7-Treffen vorzeitig verlassen. Marie-Agnes Strack-Zimmermann plädiert angesichts der amerikanischen Unberechenbarkeit für europäische Geschlossenheit.

Niemand könne beantworten, wieso Trump das Treffen der sieben wichtigsten Industrienationen vorzeitig verlassen habe, „weil niemand in den Kopf des amerikanischen Präsidenten schauen kann“, so FDP-Präsidiumsmitglied Strack-Zimmermann im Interview mit „Welt TV“. Überrascht ist die Vorsitzende des Ausschusses für Sicherheit und Verteidigung im Europaparlament allerdings nicht: „Wir haben das ja schon vor Jahren erlebt und erleben es seit sechs Monaten seiner zweiten Amtszeit, wie unberechenbar er ist.“ Sie spricht sich klar gegen Interpretationsversuche aus: „Ich würde da nicht allzu viel hineininterpretieren. Vielleicht hat er schlichtweg auch keine Lust mehr, an dem Treffen teilzunehmen.“
Strack-Zimmermann betont: „Der G7-Gipfel ist ein extrem wichtiges Zeichen. G7 ist ja nicht nur ein Wirtschaftsbündnis, es ist ein Wertebündnis. Und dass Russland aus der G8-Runde rausgeschmissen wurde, basierte darauf, dass sie 2014 die Krim annektiert haben. Also sozusagen das dramatische Vorspiel dessen, was wir heute erleben.“
Atomprogramm im Iran ist weiter als gedacht
Wichtiger als die Abreise des US-Präsidenten ist ihrer Ansicht nach, dass die Atmosphäre des Treffens gut gewesen sei. Dies sei auch mit Blick auf den erneut aufgeflammten Konflikt zwischen Israel wichtig. Es sei jedoch ein Schock für die westliche Welt, dass der Iran deutliche mehr Uran angereichert habe, als bisher vermutet. Strack-Zimmermann erklärte, dass der Iran damit „deutlich schneller Atomwaffen produzieren kann“.
Israel habe die militärische Lage genutzt, um den Iran zu schwächen, so Strack-Zimmermann. Die Hisbollah im Norden sowie die Hamas im Süden seien dezimiert und aus Syrien drohe nach dem Regimewechsel aktuell keine Gefahr. Israel brauche, um effektiv gegen den Iran vorgehen zu können, „jetzt die Unterstützung der Vereinigten Staaten, weil nur diese entsprechende bunkerbrechende Munition haben“.
Chance auf nachhaltigen Frieden
„Es besteht eine riesige Chance für Israel, wenn die Gefahr beendet ist, im Iran dort wirklich nachhaltig für Frieden im Nahen und Mittleren Osten zu sorgen, wenn nämlich die Terroristen dort in die Schranken gewiesen oder gar zerstört sind“, so die FDP-Verteidigungsexpertin.
Europa muss politisch und militärisch eine Einheit werden
„Wir sind eine Europäische Union, wir sind aber politisch und vor allem militärisch kein geschlossenes Etwas, sondern wir sind eine Europäische Union mit 27 Staaten, mit 27 Armeen“, so Strack-Zimmermann. Die Europäische Union sei bei diesen Kriegen und Krisen noch keine Einheit. „Ich wünsche mir so sehr, dass wir das in den nächsten Jahren hinbekommen. […] Und darauf wird sich auch die nächsten Jahre unsere Arbeit stützen.“
Der Kanzler zieht die Taurus-Karte nicht
Als Oppositionsführer habe der heutige Bundeskanzler Friedrich Merz große Ankündigungen zur Lieferung von Taurus-Marschflugkörpern an die Ukraine gemacht, so die Verteidigungsexpertin. Nun lasse er sich jedoch von der SPD zu einer Kompromissbereitschaft drängen, die aus ihrer Sicht nicht hilfreich sei. „Allein schon die Angriffe heute Nacht in Kiew zeigen uns: Wladimir Putin und auch die Mullahs im Iran interessieren keine Gespräche, sie interessieren nur Fakten.“
„Wenn wir nicht konsequent an der Seite der Ukraine stehen, wirtschaftlich, humanitär und militärisch, wird Russland einen weiteren Angriff starten“, sagt Strack-Zimmermann im Interview mit „ntv.de“. Putin habe schon vor der Annexion der Krim 2014 deutlich zu verstehen gegeben, dass er die ganze Ukraine erobern will. „Wir müssen endlich Drohungen solcher Machthaber ernst nehmen.“ Sie ist fassungslos, dass der Westen die Androhungen solcher Regime immer wieder relativiere, „nach dem Motto, der Hund zeigt uns zwar seine Zähne, er will aber ‚nur spielen‘ “. Strack-Zimmermann fragt: „Wann verstehen wir, dass keiner spielen will, sondern die Drohungen im wahrsten Sinne des Wortes todernst sind?“
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