Zukunft konkret
FDP-Chef Christian Dürr will im neuen Grundsatzprogramm eine Politik abbilden, die sich an den Alltagssorgen der Menschen orientiert – etwa bei Rente, Bildung und Einwanderung. Im Zentrum stehe dabei stets: die Freiheit des Einzelnen.

Die Freien Demokraten wollen Politik wieder greifbar machen – verständlich, lebensnah und wirksam. Statt sich in Floskeln zu verlieren, setzen sie auf ein neues Grundsatzprogramm, das die Herausforderungen unserer Zeit neu denkt – mutig und gerne auch disruptiv. FDP-Chef Christian Dürr bringt diesen Anspruch im Podcast „Absolute Mehrheit“ auf den Punkt: „Ich will, dass Menschen reingucken und wir sehr konkrete Antworten haben auf das, was Menschen bewegt.“
Dabei gehe es um zentrale Alltagsfragen, die viele Menschen betreffen: „Also wenn du eine Stunde mehr arbeitest, was hast du davon? Wie sieht es aus mit deiner Altersvorsorge? Kannst du dir noch ein Eigenheim leisten?“ Dürr will eine Politik, die die Lebensrealität der Menschen ernst nimmt – und nicht von oben herab auf sie blickt.
Freiheit als politische Leitlinie
Für Dürr ist Freiheit dabei mehr als ein politisches Schlagwort. Sie ist der Kern eines liberalen Programms, das den Menschen Gestaltungsmöglichkeiten zurückgeben will. Nicht der Staat soll bestimmen, wie Leben zu verlaufen haben – sondern der Einzelne. „Ich glaube, jeder sollte der Pilot seines Lebens sein.“
Doch je mehr der Staat über Ausgaben und Umverteilung entscheidet, desto weniger Raum bleibt für individuelle Entscheidungen. „Und das ist für mich schon eine Freiheitsfrage, weil das dazu führt, dass die Entscheidungen der einzelnen Menschen kleiner werden.“ Wenn die Staatsquote demnächst über 50 Prozent steigt, bedeutet das: Mehr als die Hälfte der gesamten Wirtschaftsleistung wird durch staatliche Ausgaben gelenkt. Der Staat dominiert wirtschaftliches Handeln – und der Einzelne verliert Einfluss. Mit einem neuen Grundsatzprogramm unter dem Titel „Freiheit konkret“ will die FDP ein klares Gegengewicht setzen – gegen staatliche Übersteuerung und für mehr Eigenverantwortung.
Bildung als Schlüssel
Freiheit entsteht dabei vor allem auch durch Chancengleichheit. Gleichwertige Chancen für alle – das beginnt für Dürr bereits im Kindergarten. Sprachkompetenz sei dabei ein entscheidender Schlüssel: „Ich glaube, dass wirklich jeder Schüler, der die erste Klasse besucht, über ausreichend Deutschkenntnisse verfügen muss.“ Denn: „Ansonsten schleppt man Ungerechtigkeit durchs Bildungssystem.“ Die FDP fordert deshalb verbindliche Sprachförderung bereits im Vorschulalter. Kinder, die nicht ausreichend Deutsch sprechen, sollen gezielt vorbereitet werden. Nur so könne Bildung von Anfang an gerecht gestaltet werden.
Eine Rentenpolitik die fair ist, für Jung und Alt
Auch die Rentenpolitik steht bei den Freien Demokraten auf dem Prüfstand. Für Dürr ist das aktuelle System weder zukunftsfähig noch fair. Die Freien Demokraten wollen nicht Generationen gegeneinander ausspielen: „Nach dem Motto Alt gegen Jung.“ Stattdessen brauche es ein System, das beiden Seiten gerecht wird: „Ich finde, Menschen, die ein Leben lang hart gearbeitet haben, die haben das Recht, dass sie sich auf den Staat verlassen können, dass sie eine vernünftige Altersvorsorge haben, dass sie gesund und in Wohlstand älter werden.“ Doch das könne nicht zulasten der jungen Generation geschehen.
Die FDP will daher mit Konzepten wie der Aktienrente neue Wege gehen – für mehr finanzielle Stabilität und weniger Last auf künftige Generationen. Damit grenzt sie sich klar von Parteien ab, die zwar das Rentenniveau garantieren wollen, aber keine Antworten auf die Finanzierung liefern.
Einwanderung als Wachstumsmotor
Die Freien Demokraten nehmen auch in der Migration einen Perspektivenwechsel vor – Migration, das sei kein Problem, sondern ein Motor für Wachstum und Innovation. „Ich glaube, es muss leichter sein, nach Deutschland zu kommen, um zu arbeiten, als nach Deutschland zu kommen, um nicht zu arbeiten.“ Für die Freien Demokraten steht fest: Deutschland muss deutlich attraktiver für qualifizierte Zuwanderung werden. „Ich glaube, wir müssen sehr klar sagen: Ja, wir gewähren Schutz, wenn es um Leib und Leben geht. Aber alles andere muss über das Arbeitsmarktsystem kommen“, so Dürr.
Deutschland sei für Fachkräfte unattraktiv – wegen hoher Abgaben, langsamer Verfahren und unnötiger Hürden. Warum dauert die Anerkennung eines Berufsabschlusses anderthalb Jahre? Warum braucht es im Handwerk dafür überhaupt formale Nachweise, wenn der Arbeitgeber längst überzeugt ist? „Kurzum, da müssen wir viel, viel lockerer werden. Wir verriegeln den Arbeitsmarkt komplett.“ Die Zahlen sprechen für sich: In Deutschland kämen auf eine arbeitseinwandernde Person etwa zwei Asylbewerber – in Schweden ist es umgekehrt, in den Niederlanden sogar fünf zu eins.
Ein neues Lager für die Mitte
In einer Zeit wachsender politischer Extreme positioniert sich die FDP als Stimme der Mitte – mit einem klaren Fokus auf das Individuum. „Wir sind fast so eine Art drittes politisches Lager, das immer vom Einzelnen her denkt.“ Für Dürr gehören wirtschaftliche und persönliche Freiheit dabei untrennbar zusammen: „Das heißt auch, der Staat guckt nicht in alles rein, bis hin zu der Frage: Darf der Staat meine Chats nachlesen? Aber auf der anderen Seite die wirtschaftliche Freiheit. Und ich finde, beides gehört zusammen.“
Diese Verbindung würde in der politischen Debatte häufig getrennt betrachtet – zu Unrecht, wie Dürr meint. Denn wirtschaftliche Selbstbestimmung ist für ihn ohnehin eine Bürgerrechtsfrage:
„Wenn zwei Drittel der Menschen in Deutschland sagen, dass sie Sorge um ihre wirtschaftliche Zukunft haben – dann ist das eine Freiheitsfrage für mich.“