Mit europäischer Einigkeit gegen russische Drohgebärden

Die FDP-Verteidigungspolitikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann ist optimistisch, dass die eingefrorenen russischen Vermögen für den Wiederaufbau der Ukraine genutzt werden können.

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FDP-Verteidigungsexpertin Marie-Agnes Strack-Zimmermann befürwortet die Nutzung eingefrorener russischer Vermögenswerte für Kredite an die Ukraine.

Der Plan der EU ist, die eingefrorenen russischen Vermögenswerte zu nutzen, um der Ukraine Kredite für den Wiederaufbau des Landes zu gewähren. Hierfür sollen die Mittel der russischen Zentralbank auf unbestimmte Zeit eingefroren werden, bislang muss diese Maßnahme halbjährlich per Abstimmung verlängert werden. Ein großer Teil dieser Vermögenswerte liegen bei dem belgischen Finanzdienstleister Euroclear Bank. Die Regierung in Brüssel hatte sich bislang skeptisch gezeigt, aus Sorge vor Repressalien aus Moskau. Nach einer Reise von EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und Bundeskanzler Friedrich Merz nach Brüssel scheint eine Einigung jetzt greifbar.

Strack-Zimmermann, die im Europäischen Parlament dem Verteidigungsausschuss vorsitzt, verweist im Interview mit dem „Deutschlandfunk“ auf jüngste Berichte über Versuche Russlands, den Prozess zu beeinflussen – unter anderem eine Klage gegen den Finanzdienstleister vor einem Gericht in Moskau. Sie betont, dass der Versuch Moskaus, Kontrolle über die russischen Gelder zu behalten, in Europa eher das Gegenteil bewirkt. Auch Länder, die kritisch waren, die eingefrorenen Assets an die Ukraine freizugeben, seien jetzt zusammengerückt.

Druck aus Russland zeigt, wie wichtig der Schritt ist

Die Versuche des Kreml, Einfluss zu nehmen, wertet sie als Bestätigung des europäischen Kurses: „Ein Nerv wird getroffen.“ Da der Großteil der eingefrorenen Gelder über Euroclear in Belgien verwaltet wird, zeigt Strack-Zimmermann Verständnis für Sicherheitsbedenken des Landes. Doch sie macht klar: Europa muss gemeinsam haften, um Belgien zu schützen. „Es geht ja darum, dass Belgien nicht alleine haftet. Denn eine solche Summe … das ist fast ein Drittel des belgischen Inlandsproduktes. Und da wird jetzt Europa gefragt, nämlich das gemeinsam zu tragen.“

Wenn Russland nach dem Krieg Reparationszahlungen an die Ukraine leisten müsse, könnte das Geld später ersetzt werden. Doch man müsse realistisch bleiben: „Wir dürfen davon ausgehen, dass Russland es nicht macht.“

Nein zu Eurobonds

Die von einigen EU-Staaten vorgeschlagene Alternative – gemeinsame Schulden aufzunehmen, statt russisches Vermögen zu verwenden – weist sie eindeutig zurück: „Das lehnen wir ab … da liegt sehr viel Geld von Russland, Russland ist der Täter und zerstört und es ist sehr sinnvoll, dieses Geld, diese Assets zu nehmen.“ Für sie steht fest: Putins Russland muss zahlen, nicht die europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler.

Putin ist wirtschaftlich wie militärisch unter Druck

Strack-Zimmermann hält Putins militärische Stärke für überschätzt – und seine Brutalität für unterschätzt: „Er verliert Tausende von Soldaten in der Woche inzwischen.“ Über eine Million russische Soldaten seien gefallen oder schwerstverletzt, so die Verteidigungsexpertin. Wirtschaftlich und militärisch stoße Russland an Grenzen. Die Sanktionen wirkten, der Krieg koste Moskau immense Ressourcen. „Das heißt wirtschaftlich, gemeinsam dann auch noch kombiniert mit diesen 20 Sanktionspaketen, das ist ein richtiges Problem für ihn.“

Europa müsse deshalb zweigleisig vorgehen und sowohl den wirtschaftlichen Druck aufrechterhalten als auch die militärische Unterstützung für die Ukraine sichern. Ziel sei es, Putin an den Verhandlungstisch zu zwingen – aber erst dann, wenn echte Gespräche möglich seien und kein Scheinfriedensangebot vorliege: „Das, was da bisher vorgelegt wurde, ist ja kein Friedensangebot, sondern die Vorbereitung auf einen weiteren Angriff auf die Ukraine.“

„Es geht über die Ukraine hinaus um unsere Zukunft“

Im Interview unterstreicht Strack-Zimmermann die Bedeutung des Konflikts für Europa und die freie Welt. Putin versuche Europa und die Ukraine auseinander zu dividieren: „Und das dürfen wir unter keinen Umständen zulassen, weil es geht über die Ukraine hinaus um unsere Zukunft.“ Auch internationale Entwicklungen – etwa die Annäherung zwischen Russland und Venezuela – zeigten, wie global der Konflikt inzwischen geworden sei.

Trotz Kritik an der neuen US-Sicherheitsstrategie sieht Strack-Zimmermann das transatlantische Verhältnis allerdings nicht gefährdet. Das Papier sei „natürlich harter Tobak“, aber am Ende des Tages auch nichts Neues. Sie betont, dass große Teile der amerikanischen Bevölkerung weiterhin hinter der Unterstützung der Ukraine stehen und auch viele US-Entscheidungsträger sähen Europa nicht als Gegner, sondern als Partner.