Renten-Debakel der Union zeigt: Die FDP fehlt
Die politische Lage in Berlin ist angespannt, das Vertrauen vieler Menschen in die Regierung erschüttert. FDP-Generalsekretärin Nicole Büttner über die schwarz-rote Rentenpolitik, zur Rolle der Opposition und den Neustart der FDP.
Dass die FDP aktuell nicht an der Bundesregierung beteiligt ist, bedauert Büttner im Interview mit der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“ angesichts der Bundestagsbeschlüsse der jüngeren Vergangenheit ausdrücklich. Besonders der Union kreidet sie an, ihre eigenen Überzeugungen zum Erhalt der Regierungskoalition zu verraten: „Nach Rekordschulden wird wieder etwas Falsches rücksichtslos durchgedrückt.“
Im Zentrum ihrer Kritik steht das kürzlich beschlossene Rentenpaket. „Hier wird ein Problem mit Geld zugeschüttet, das wir in ein paar Jahren genauso wieder haben werden“, warnt Büttner. Für sie ist klar: „Das hat nichts mit Tragfähigkeit zu tun. Das ist für mich Politiktheater.“
Keine Stimme für die Jungen
Besonders alarmierend ist für die FDP-Generalsekretärin das Schweigen der parlamentarischen Gegenstimmen: „Dazu kommt, dass im Bundestag keine wirkliche Opposition zu hören ist.“ Stattdessen hätten selbst politische Ränder die Reform mitgetragen, so Büttner mit Blick auf die Enthaltung der Fraktion Die Linke. Für die jüngeren Generationen habe diese Kumpanei fatale Folgen: „Die Jüngeren werden das ausbaden müssen.“
Sie mahnt, dass es um mehr gehe als eine Rentenreform: „Hier geht es um richtig viel, um die Handlungsfähigkeit des Staates. Da werden Handlungsspielräume zuzementiert.“
Politik aus Überzeugung statt Machterhalt
Für Büttner steht fest: Glaubwürdigkeit geht vor Regierungsbeteiligung um jeden Preis. „Dass der Machterhalt über alles andere gestellt wird, ist mir fremd“, betont sie und macht deutlich, dass sie konsequent für ihre Überzeugung eintritt: „Ich würde lieber wieder zurück in die Privatwirtschaft gehen, als Politik zu machen, nur für den Machterhalt.“
Geprägt ist diese Haltung auch durch ihre frühere Arbeit als Unternehmerin. Die aktuellen politischen Abläufe in Berlin sieht sie kritisch: „Dieses Politiktheater von CDU/CSU und SPD, das ich gerade in Berlin sehe, erschreckt mich schon sehr.“
Klare Haltung statt bequemer Kompromisse
Dabei steht die neue FDP-Generalsekretärin für einen Politikstil, der langfristige Glaubwürdigkeit über kurzfristige politische Bodengewinne stellt. Ihr Anspruch: „Für mich ist es entscheidend, das Richtige für das Land zu tun, auch wenn es zunächst unbequem erscheint.“ Genau darin sieht sie auch den Kern eines glaubwürdigen Neuanfangs für die Freien Demokraten.
FDP muss Vertrauen zurückgewinnen
Auf die Frage nach dem zwischenzeitlichen Vertrauensverlust der FDP ist Büttner selbstkritisch: „Das Problem war eher, dass wir das Vertrauen verloren haben, weil wir nicht erklären konnten, was unsere Forderung konkret für die Menschen bedeuten.“ Genau daran arbeite die Partei nun mit Nachdruck.
Entscheidend sei, dass politische Vorschläge wieder aus klarer Haltung entstehen und so für die Bürgerinnen und Bürger auch nachvollziehbar sind: „Mir ist wichtig, dass wir konkrete Politikvorschläge machen, die unserer Haltung und Überzeugung entsprechen. Das muss uns ausmachen.“ Die Menschen müssten wieder wahrnehmen, wofür die FDP inhaltlich steht: „Die Leute müssen aber erst mal auch erfahren, wo wir uns inhaltlich fundamental von anderen unterscheiden.“
Aufbauprozess der FDP: „Der Resonanzraum ist sehr groß“
In den Umfragen liegt die FDP derzeit bundesweit bei drei bis vier Prozent. Für Büttner kein Grund zur Resignation: „Wir haben den wichtigen Aufbauprozess gestartet.“ Man müsse nun die eigenen Überzeugungen auch kommunikativ neu übersetzen: „Wir wollen den Resonanzraum wieder füllen. Der ist sehr groß.“ Ein wichtiger Meilenstein steht bereits bevor: „Auf dem kommenden Parteitag werden wir ein neues Programm beschließen.“
Baden-Württemberg als erster Härtetest
Ein erstes wichtiges Etappenziel ist die Landtagswahl am 8. März 2026 in Baden-Württemberg. Dort will die FDP den Wiedereinzug in den Landtag schaffen. Büttner zeigt sich optimistisch: „In Umfragen stehen wir dort stabil über fünf Prozent.“ Auf die direkte Nachfrage, ob der Wiedereinzug gelingt, antwortet sie klar: „Ja.“
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