Das Umlagesystem ist ein Irrweg
Der politische Stillstand in Deutschland und die Verwaltung des Status quo ist für FDP-Chef Christian Dürr unerträglich. Für ihn braucht es jetzt einen Bruch mit dem System – mehr Leistung, mehr Freiheit und den Mut zu unpopulären, aber notwendigen Reformen.
Deutschland ringt um die Zukunft des Sozialstaats. Und 82 Prozent der Deutschen halten unpopuläre Reformen für notwendig. Nicht die Menschen zögern also, sondern die Politik. FDP-Chef Christian Dürr ist sicher: „Wir können als Gesellschaft nur vorankommen, wenn jeder Einzelne sein Potential entfalten kann.“ Das mache die Politik derzeit allen, die etwas leisten wollen, schwer: „Auf der einen Seite stehen die extremen Parteien links und rechts, für die der Reformstau der Nährboden ist — auf der anderen Seite die Status-quo-Parteien, denen die Kraft zur Veränderung fehlt.“ Der fehlende Mut zur Veränderung habe die Ränder gestärkt.
Die FDP werde der Gegenentwurf zu den Status-quo-Parteien sein, schreibt Dürr in einem Gastbeitrag für die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“. Deutschland brauche neue Zuversicht — „und dafür will ich ein Angebot machen. Kein populistisches, aber eben auch keines, das den Status quo am Leben erhält — sondern eines, das die Chancen unseres Landes radikal neu freilegen will. Dazu gehört auch ein Systemwechsel bei der Rente, Pflege und Krankenversicherung hin zu mehr Kapitaldeckung. „Wir werden die Sozialversicherungen radikal neu denken“, so Dürr. „Ab sofort sollte jeder in eine kapitalgedeckte Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einzahlen können“, lautet eine Forderung.
Systemwechsel in der Sozialversicherung
Zentral für den Neuanfang ist aus seiner Sicht ein radikaler Umbau des Sozialstaats. „Das Umlagesystem ist ein Irrweg. Es vermittelt das Gefühl des Sparens für künftige Lebensrisiken, während in der Realität kein Cent gespart wird.“ Für Dürr steht fest: „Ich habe keine Lust mehr auf diese Debatten, denn wir brauchen einen echten Systemwechsel.“ Sein Ziel: „Ab sofort sollte jeder in eine kapitalgedeckte Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung mit individuellen Eigentumsrechten einzahlen können.“ Dabei verschweigt er nicht, dass es schwierig wird: „Solche Reformen sind nicht bequem. Aber Ehrlichkeit und radikaler Mut zur Neuausrichtung der sozialen Sicherung ist der einzige Weg zu einem gerechten und soliden Sozialstaat.“
Aufstieg durch Bildung ermöglichen
Auch in der Bildung sieht er dringenden Handlungsbedarf. „Die niederschmetternden Schulleistungsstudien haben wir zu lange hingenommen“, kritisiert er und betont: „Leistung muss wieder das oberste Bildungsziel sein.“ Gleichmacherei erteilt er eine Absage: „Kinder, die es schwer haben, müssen gezielt gefördert werden, aber keinesfalls darf sich eine Klasse an den langsamsten Lernern orientieren.“ Für ihn liegt auf der Hand: „Wir wollen Aufstieg durch Bildung zur staatlichen Kernaufgabe machen“, denn „ein Land, in dem das Elternhaus mehr zählt als der Fleiß eines Kindes, kann sich nicht liberal nennen“.
Mehr Mut zum Risiko
Wirtschaftlich fordert Dürr einen Kulturwechsel hin zu mehr Mut und unternehmerischer Freiheit. „Seit vielen Jahren geht es vor allem um Risikovermeidung: Datenschutz, Denkmalschutz, Alles-mögliche-Schutz.“ Das Ergebnis: Steigende Kosten, kaum Innovation und eine stagnierende Wirtschaft. Sein Gegenentwurf: „Nur mit einer Rückkehr zu mehr Freiräumen und marktwirtschaftlichem Denken stärken wir unsere Wettbewerbsfähigkeit.“ Gleichzeitig müsse sich Arbeit wieder lohnen: „Von jedem verdienten Euro, egal ob Minijobber oder Millionär, müssen immer mehr als 50 Prozent übrig bleiben.“
Migrationspolitik im Zeichen des Leistungsprinzips
Auch in der Migrationspolitik will Dürr das Leistungsprinzip anwenden: „Angesichts unserer alternden Gesellschaft brauchen wir Zuwanderung, aber in den Arbeitsmarkt!“ Wer einen Arbeitsvertrag habe und anpacken wolle, sei willkommen. Ein Anspruch auf Sozialleistungen wäre mit diesem vereinfachten Arbeitsmarktzugang allerdings ausgeschlossen. Er hebt hervor: „Ein radikaler Wechsel hin zu einer wirtschafts- und leistungsorientierten Migrationspolitik.“
Freiheit, Sicherheit und Verantwortung des Staates
Über allem steht für Dürr ein klares Ziel staatlichen Handelns. „Ziel staatlichen Handelns muss immer die Maximierung von Freiheit, Wohlstand und Sicherheit sein.“ Dabei warnt er vor den Abbau zentraler Bürger- und Freiheitsrechte: „Meinungsfreiheit ist unbequem, aber sie ist ein Quell für freies Denken und Innovation.“ Gleichzeitig formuliert er den Anspruch an den Staat neu: „Die FDP ist nicht per se staatskritisch. Sie will, dass der Staat dort stark ist, wo er gebraucht wird, aber an den falschen Stellen zurückgedrängt wird.“
Politisches Angebot der FDP: Zuversicht
Angesichts der zahlreichen und großen Herausforderungen will der FDP-Chef den Menschen im Land Hoffnung geben: „Deutschland braucht neue Zuversicht. Die FDP will dafür ein Angebot machen.“ Die Freien Demokraten wollen die politische Kraft sein, die das Leistungsprinzip wieder zur tragenden Säule der Gesellschaft macht. „Und dafür werden wir aus dem Kreis der Status-Quo-Parteien ausbrechen“, kündigt Dürr an.
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Abgrenzung von den Status-quo-Parteien
Vor diesem Hintergrund grenzt sich der FDP-Chef klar vom Stillstand der aktuellen Regierung ab: „Auf der einen Seite stehen die extremen Parteien links und rechts, für die der Reformstau der Nährboden ist. Auf der anderen Seite stehen die Status-quo-Parteien, denen die Kraft zur Veränderung fehlt.“ Die Konsequenz daraus formuliert er unmissverständlich: „Die FDP wird nicht länger Teil eines Systems sein, das kaum Veränderung ermöglicht.“ Dass die Bevölkerung in dieser Hinsicht weiter ist als die Politik, belegt er mit Zahlen: „82 Prozent der Deutschen halten unpopuläre Reformen für notwendig. Nicht die Menschen zögern also, sondern die Politik.“