So kann Deutschland nicht weitermachen
FDP-Chef Christian Dürr sieht seine Partei in einer entscheidenden Phase: „Wir sind mitten in einer Phase der Erneuerung.“ Angesichts der aktuellen Bundesregierung brauche es eine politische Kraft, „die konsequent auf Reformpolitik setzt“.

Im Interview mit dem „Focus“ warnt Dürr vor den finanziellen Weichenstellungen der schwarz-roten Bundesregierung: „Der Bundeshaushalt zeigt, warum das nötig ist: 90 Milliarden Euro neue Schulden im Kernhaushalt, 85 Milliarden in Schattenhaushalten. Das ist eine in Zahlen gegossene Reformverweigerung – zulasten der Steuerzahler und künftiger Generationen. Wir sind das Gegenmodell dazu.“ Stattdessen erlebe man bei der Bundesregierung „immer mehr Ausgaben, immer mehr Schulden. So kann Deutschland nicht weitermachen.“
Besonders kritisch sieht er den Umgang mit Infrastrukturinvestitionen: „Trotz der vielen Schulden wird das Geld von A nach B geschoben, aber es wird nicht mehr gebaut. Es werden sogar Autobahnprojekte gestoppt und die Menschen stehen länger im Stau.“
Familien und Bildung: Staat muss Leistung garantieren
Ein weiteres echtes Zukunftsthema auf der Agenda des FDP-Chefs: Familienpolitik. Er fordert: „Familien brauchen eine stärkere Position gegenüber dem Staat. Bei jeder Dienstleistung bekommt man sein Geld zurück, wenn eine Leistung nicht erbracht wird. Das gleiche muss für Familien bei der Kinderbetreuung gelten, wenn die Kita oder die Schule ausfällt.“ Für ihn ist klar: Wenn der Staat seine Pflicht nicht erfüllt, dürfen Familien nicht die Leidtragenden sein. Dürr plädiert dafür, dass Familien Mittel an die Hand gegeben werden, um sich wehren zu können. „Sie sind keine Bittsteller“, betont er.
Auch beim Vermögensaufbau will Dürr Familien entlasten: „Wir müssen ihnen den Erwerb von Eigenheimen erleichtern. Deshalb fordere ich: keine Grunderwerbsteuer mehr für selbstgenutzte Wohnimmobilien von Familien.“
Einsparungen bei Subventionen und Sozialausgaben
Um Haushaltslöcher zu schließen, setzt Dürr nicht auf neue Einnahmen, sondern auf Einsparungen: „Die Idee, die Wirtschaft mit Staatsgeld umzubauen, ist gescheitert. Das ist Planwirtschaft. Wir sollten den Klima- und Transformationsfonds auflösen und die Milliarden in Zukunftsbereiche wie Bildung investieren.“
Auch bei Sozialleistungen sieht der FDP-Chef dringenden Reformbedarf. Es sei nicht gerecht, dass Menschen im Bürgergeld die komplette Warmmiete erstattet wird. „Wer arbeitet, muss das aus dem Netto zahlen“, gibt er zu bedenken. „Sozialhilfe ist Notfallhilfe – kein bedingungsloses Grundeinkommen.“
Steuerdebatte: FDP lehnt höhere Erbschaftsteuer ab
In der Debatte über höhere Erbschaftsteuern positioniert Dürr sich klar: „Wenn man das mit hohen Steuern belegt, ist das faktisch eine Steuer auf Arbeitsplätze.“ Er mahnt, dass mittelständische Betriebe verkauft und Arbeitsplätze abgebaut werden würden. „Es ist absolut unsozial zu glauben, dass daraus wirtschaftlicher Aufschwung entsteht.“
FDP als „Partei der radikalen Mitte“
Der Erneuerungsprozess der Partei ist in vollem Gange. Die Mitgliederbefragung habe klar gezeigt, „dass unsere Mitglieder die FDP klar als Reformpartei sehen“. Für Dürr bedeutet das auch eine programmatische Zuspitzung: „Radikal heißt mutig, ehrlich, pragmatisch. Die Kritik am Status quo darf nicht den Rändern überlassen werden. Aus der Mitte müssen konkrete Veränderungsvorschläge kommen.“
Landtagswahlen als Schicksalsmoment
Mit Blick auf Baden-Württemberg betont Dürr die Bedeutung der anstehenden Landtagswahlen: „Dort geht es nicht nur um die FDP, sondern um die Zukunft des Landes.“ Die Auto- und Zulieferindustrie leide unter planwirtschaftlicher Politik und Bürokratie. „Gerade Baden-Württemberg braucht eine FDP, die auf Technologieoffenheit und wirtschaftliche Dynamik setzt“, unterstreicht Dürr.
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