Arbeitsplätze sichern wir nicht durch Abschottung
Die Stahlindustrie kämpft ums Überleben. Beim Stahlgipfel im Kanzleramt stehen nun europäische Import-Zölle als mögliche Lösung zur Debatte. FDP-Chef Christian Dürr warnt vor den Vorschlägen aus der Union: „Es ist ein Trugschluss, Jobs in der Industrie durch Abschottung sichern zu können.“
Die deutsche Stahlbranche steckt in einer schweren Krise. Laut Institut der deutschen Wirtschaft hängen mehr als 600.000 Arbeitsplätze direkt oder indirekt an ihr. Doch hohe Energiepreise, internationale Konkurrenz und komplexe Vorgaben setzen viele Betriebe unter Druck. Es geht um Tausende Arbeitsplätze, Existenzen und letztlich um die wirtschaftliche Stabilität ganz Deutschlands. Um Lösungen zu finden, spricht der Bundeskanzler Friedrich Merz beim sogenannten Stahlgipfel mit Vertretern von Industrie und Gewerkschaften sowie den Ministerpräsidenten von Bundesländern, in denen Stahl produziert wird.
Vorab brachte die CDU bereits mehrere Maßnahmen ins Gespräch: Höhere europäische Zölle auf importierten Stahl, einen staatlich verbilligten Industriestrompreis für große Konzerne sowie eine bevorzugte Vergabe öffentlicher Aufträge an „grünen Stahl“. Für FDP-Chef Christian Dürr sind diese Vorschläge der falsche Weg: „Es ist ein Trugschluss, Jobs in der Industrie durch Abschottung sichern zu können. Gut bezahlte Industriearbeitsplätze — und damit die wirtschaftliche Existenz von Hunderttausenden Familien — sichern wir nur, wenn wir den Standort Deutschland endlich attraktiver machen und nicht immer teurer.“
CDU offen über Markteingriffe
Wenn der Staat vorgebe, welchen Stahl Unternehmen verbauen dürfen, erinnere das eher an planwirtschaftliche Ideen als an die soziale Marktwirtschaft. Dürr ist von den Vorschlägen insgesamt aber nicht überrascht: „Dass nun auch aus der CDU offen über Markteingriffe, Zölle oder weitere Subventionen nachgedacht wird, überrascht vor dem Hintergrund, dass die erste Amtshandlung von Friedrich Merz darin bestand, Rekordschulden zu machen, weniger.“
Auch FDP-Vize Henning Höne kritisiert diese Richtung deutlich: „Friedrich Merz, Lars Klingbeil und Hendrik Wüst machen den großen Traum von Robert Habeck wahr – verkehrte Welt.“ Union, SPD und Grüne würden seit Jahren Politik nach Ideologie statt nach Vernunft betreiben und ihre Fehler mit dem Geld anderer Leute kaschieren. „Der sogenannte Industriestrompreis ist ein teures Pflaster auf einer selbstverschuldeten Wunde. Mittelstand und Handwerk müssen weiter mit den höchsten Energiepreisen Europas kämpfen und mit ihren Steuern die Strom-Subvention für größere Unternehmen bezahlen“, lautet Hönes Urteil.
„Das zu verstetigen, ist eine Ohrfeige für die vielen kleinen und mittleren Betriebe, die uns als Wirtschaftsstandort genauso tragen wie die Industrie.“ Deutschland könne nur ein modernes Industrieland bleiben, wenn endlich mutige Reformen für weniger Bürokratie, günstigere Energie und eine echte Entlastung auf den Weg gebracht werden.
Nur mutige Strukturreformen sichern Industriearbeitsplätze
Für FDP-Generalsekretärin Nicole Büttner liegt die eigentliche Lösung an anderer Stelle: Anstatt immer neue Subventionen aufzulegen, brauche es grundlegende Strukturreformen. Niedrigere Energiekosten, weniger Bürokratie und einen Sozialstaat, der langfristig tragfähig ist, zählt sie auf.
Sie kritisiert, dass von der Regierung nur wenige, große Konzerne entlastet werden sollen, während viele kleine und mittlere Betriebe weiterhin hohe Energie- und Sozialkosten tragen und seit Jahren auf strukturelle Entlastungen warten. „Subventionen für große Stahlkonzerne, Zölle oder ideologische Verpflichtungen würden im Endeffekt den Mittelstand in Deutschland hart treffen“, so Büttner.
Auch Henning Höne sieht die Entwicklung kritisch. Mittelstand und Handwerk zahlten die höchsten Stromkosten Europas und sollten nun zusätzlich über ihre Steuern die Entlastungen großer Unternehmen finanzieren. Für Höne ist das ein Symbol dafür, was er eine Politik der Ideologie statt Vernunft nennt. Fehler würden mit dem Geld anderer kaschiert.
Kurswechsel in der Energie- und Wirtschaftspolitik
Die zentrale Frage lautet: Soll der Staat mit immer neuen Milliarden eine Industrie künstlich am Leben halten oder sollte er dafür sorgen, dass der Wirtschaftsstandort insgesamt konkurrenzfähiger wird? Für Dürr ist die Antwort klar. Deutschland müsse Energie günstiger machen, Planungs- und Bauverfahren beschleunigen und Innovationen erleichtern. Höne sagt: „Wir brauchen endlich einen marktwirtschaftlichen Kurswechsel in der Energie- und Wirtschaftspolitik. Im Wettbewerb muss es um die beste Technologie gehen, nicht um die höchsten Subventionen.“